Fossilistische Bewahrung, Grüne Modernisierung oder Ökosozialismus?
Die großen deutschen OEMs (Original Equipment Manufacture, hier auch: Autoendproduzenten) – VW, Mercedes und BMW – verzeichneten Umsatzrückgänge im letzten Quartal 2024 und die Prognosen für 2025 sehen schlecht aus. Gleichzeitig schließen Zulieferer ihre Standorte und entlassen Arbeiter*innen. Nach deutschlandweiten, standortübergreifenden Warnstreiks wurden bei VW Pläne für Standortschließungen zurückgenommen, dennoch sollen verhältnismäßig gutbezahlte 35.000 Jobs sozialverträglich bis 2030 abgebaut werden. Statt einer E-Mobilitäts-Euphorie herrscht Krisenstimmung in der Automobilindustrie. Diese Krise bringt auch das „grün-kapitalistische Hegemonieprojekt“ (siehe unten) in die Bredouille, das mit dem Versprechen antrat, dass die grüne Modernisierung der Industrie keine Wohlstandsverluste mit sich bringt. Akteur im grün-kapitalisitschen Hegemonieprojekt ist auch die Führung der IG Metall, wie wir zeigen werden. Zugleich gewinnt ein „fossilistisches Hegemonieprojekt“ in der Arbeiterklasse an Zulauf, was die Klimakatastrophe ignoriert. Gegen fossilistische und grün-kapitalistische Illusionen versuchen sich Ökosozialist*innen in den Autofabriken zu organisieren. Bisher bilden sie aber keine eigenständige Macht – weder im Betrieb, noch in der Gesellschaft.
Dieser Text ist ein Versuch, die Krise der deutschen Automobilwirtschaft und ihre politischen Implikationen für die Arbeiter*innen nachzuzeichnen. Er soll zu einer Positionsfindung der radikalen Linken zu der sich abzeichnenden Deindustrialisierung vor dem Hintergrund der Klimakatastrophe beitragen. Die Krise spielt in der radikalen Linken derzeit kaum eine Rolle, obwohl sie (1) die Arbeitsplätze von Hunderttausenden betrifft, (2) an den relevanten Orten einer klimaschonenden Konversion der Produktionsmittel stattfindet, die wir als dringend notwendig erachten, und (3) die Verunsicherung in den Belegschaften zum Aufstieg der Rechten massiv beiträgt. Abgesehen davon werden (4) die Chancen einer Revolution von unseren Beziehungen in die Stätten der Wertproduktion abhängig sein. Diese können wir etwa in gemeinsamen Kämpfen aufbauen.
Im Folgenden werde ich zunächst auf den „grünen Kapitalismus“ und die fossilistische Gegenbewegung eingehen. Sein Aufstieg und möglicher Fall sind ein globales Phänomen, ich lege aber den Schwerpunkt auf die Lage in Deutschland (Kapitel 1.) Dann werde ich mich der Autokrise und ihren Ursachen widmen (Kapitel 2), bevor ich die Strategien verschiedener betrieblicher Akteure in der Krise betrachte. Zunächst betrachte ich, wie die AfD und ihre Betriebsorganisation Zentrum versuchen, die Krise für ihre politischen Zwecke zu instrumentalisieren (Kapitel 3), dann widme ich mich der IG Metall und ökosozialistischen Ansätzen. (Kapitel 4)
Hegemonietheoretische Ansätze machen nachvollziehbar, wie sich in der bürgerlichen Gesellschaft Mehrheiten für bestimmte Politiken herausbilden und verändern. Zentral ist dabei das Handeln von Akteuren [Parteien, Unternehmen, Gewerkschaften, linken Gruppen…], innerhalb derer selbst Kämpfe um Hegemonie stattfinden. Diese Akteure werben für eine bestimmte Politik gegenüber Klassenfraktionen oder sozialen Milieus. Weiterhin gehen sie Bündnisse mit anderen Akteuren ein, wofür es Kompromisse bedarf. So docken sie auch an soziale Bewegungen an oder integrieren sie in den Staat. Hegemonieprojekte setzen sich dabei immer gegen andere Hegemonieprojekte innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft im Kampf um die richtige Politik durch – oder eben nicht. Die Hegemonietheorie macht bestimmte soziale Dynamiken begreifbar, andere nicht. Sie ist keine Theorie der Revolution. Die Revolution bestünde im Bruch mit der bürgerlichen Gesellschaft und ihrer Art der Politik.1
Grüne vs. Fossile Kapitalist*innen
Im Kontext aufstrebender grüner Industriepolitik investierten die USA, China sowie die EU in den letzten Jahren stark in Infrastrukturen für erneuerbare Energien und neue Produktionsverfahren mit besserer CO2-Bilanz. Wechselt der Kapitalismus derzeit seinen Anstrich und wird grün? Die Erfolge der Modernisierung sind gering und ambivalent. Der Anteil von eneuerbaren Energien (Wind, Sonne und Gezeiten) und Wasserkraft am globalen Energiemix ist in den letzten 50 Jahren von 1,9 Prozent auf 5,6 Prozent gestiegen. Hierbei darf nicht vergessen werden, dass sich der globale Energiebedarf in dem Zeitraum auf 14,8 Milliarden Tonnen mehr als verdoppelt hat.2 Derzeit können erneuerbare Energien dem wachsenden Energieverbrauch und CO2-Ausstoss durch Digitalisierung, dem Einsatz von KI und der weltweit zunehemenden Individual-Motorisierung kaum etwas entgegensetzen. Kapitalismus und nachhaltiges Wirtschaften passt nicht zusammen. Das sehen grüne Kapitalist*innen freilich anders.
Derzeit kämpfen in verschiedenen Industriestaaten grün-kapitalistische Hegemonieprojekte um die politische und gesellschaftliche Vormachtstellung. Das Ziel ist es, den Staat zum Werkzeug einer grünen Transformation in Schlüsselindustrien zu machen, weil der Markt allein dies nicht bewerkstelligen kann. Durch eine „passive Revolution“ (Gramsci) von oben sollen Staat und Kapital den Klimawandel stoppen, ohne jedoch kapitalistische Eigentumsverhältnisse und Verkehrsformen grundsätzlich zu verändern. Die kapitalistische Produktionsweise bzw. ihr Wachstumsimperativ stehen hiernach der Nachhaltigkeit nicht entgegen. Ein Bezugsrahmen bilden oft die Pariser Klimaziele, deren Grenze von 1,5° Erwärmung im Jahr 2024 jedoch schon überschritten wurde: „So long for Paris“.3 Ein zentraler strategischer Baustein ist die Umsetzung einer Antriebswende bei den Privat-PKWs vom Verbrennermotor zur E-Mobilität.
Dem grün-kapitalistischen Hegemonieprojekt lassen sich verschiedene Akteure und gesellschaftliche Gruppen, die für die grüne Modernisierung des Kapitalismus einstehen, zuordnen. Die Grünen sind der parlamentarische Arm. Andere Akteure sind schwerer zu identifizieren. Mehrere Unternehmen – auch in der Automobilindustrie – bekennen sich zwar öffentlichkeitswirksam zur Nachhaltigkeit, das hat aber keine schnelle und drastische Reduktion des CO2-Ausstoßes zur Folge. Allerdings üben Schäden durch Naturkatastrophen oder Gesundheitsrisiken der Arbeiter*innen durch Hitzewellen Druck auf die Kapitalist*innen aus.4 Außerdem ist die IG-Metall-Führung Teil dieses Hegemonieprojekts. Lokale Sekretär*innen, gewerkschaftliche Ehrenamtliche und Bildungsarbeiter*innen sollen in den Betrieben die Arbeiter*innen für das Projekt gewinnen, was sie mit unterschiedlichem Enthusiasmus tun. Dazu später mehr.
Dem grün-kapitalistischen Hegemonieprojekt steht beim Ringen um die politische und gesellschaftliche Vorherrschaft ein fossiles oder „graues“ gegenüber. Letzteres setzt auf den fortgesetzen Einsatz von fossilen Brennstoffen in der Produktion oder dem Verkehrsbereich ungeachtet der ökologischen Folgen. Bei letzterem wäre eindeutig die AfD zu verorten, die den menschengemachten Klimawandel in Frage stellt oder leugnet.5 Hinzukommen Lobbygruppen aus der Energiewirtschaft. Industriearbeiter*innen werden oft dazugezählt. Hier ist Lage aber uneindeutiger, worauf ich noch zurückkommen werde.
Ein öko-sozialistisches Hegemonieprojekt kann derzeit nicht eigenständig, um die Vormachtstellung ringen, wobei es sich derzeit formiert. Hier müsste die radikale Linke agieren und versuchen, es ausgehend von den Produktionsstätten zu vergrößern, um den fossilistischen Backlash und die Klimakatastrophe zu verhindern.
Die Auseinandersetzung zwischen den Hegemonieprojekten ist derzeit unentschieden. Dies hat zur Folge, dass die Resultate der CO2-Einsparmaßnahmen moderat ausfallen, wie im Falle des EU-weiten Verbrennerverkaufsverbot ab 2035, das einigen jedoch schon zu weit geht.6 Der Individualverkehr soll im Großen und Ganzen beibehalten werden, aber umweltschonender. Die Produktionsumstellung läuft jedoch nicht wie geplant. Statt grünem Wachstum sehen wir eine Krise der heimischen Automobilindustrie, die zu einer Krise für die Arbeiter*innen wird, und droht das fossile Hegemonieprojekt zu stärken. Diese Krise, die zu einer massiven Deindustrialisierung und Verarmung mancher Regionen führen könnte, muss Teil unserer strategischen Diskussionen werden, ohne dass wir selbst zu Verteidiger*innen eines Wohlstandsmodelles, das auf fossilen Energieträgern beruht, werden.
Krise im Autoland
Die deutschen Autos werden von 779.700 Arbeiter*innen, die direkt bei den OEMs, und 273.500 Arbeiter*innen, die bei Zulieferen (wie Bosch, ZF) arbeiten, hergestellt. Somit sind 1.053.200 Menschen, 2,2 Prozent aller deutschen und 14 Prozent aller Arbeiter*innen im verarbeitenden Gewerbe in der Automobilindustrie beschäftigt.7 Diese Arbeiter*innen sind dabei auf mehrere Automobilcluster – räumliche Ansammlungen von Autofabriken und Zulieferbetrieben – konzentriert. In Regionen wie Wolfsburg (VW), Kassel (VW, Daimler Truck) oder Stuttgart (Mercedes, Porsche) arbeiten mehr als 15 Prozent aller Beschäftigten in der Automobilbranche. Das bedeutet, dass nicht alle Regionen gleich von Krisen der Automobilbranche betroffen sein werden – einige aber umso heftiger. Das bereitet insbesondere im westsächsischen Automobilcluster in Hinblick auf die dort ohnehin sehr starke AfD Sorge. In Zwickau beispielsweise arbeiten in diesem Sektor (VW und Zulieferer) 13,5 Prozent der Beschäftigten.8
Der Export von Autos ist eine wichtige Säule des „deutschen Wohlstandsmodells“. Im Jahr 2023 wurden laut statista Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeugteile im Wert von 270 Milliarden Euro exportiert, Maschinen (vor allem Produktionsmittel) folgen auf Platz 2 mit einem Exportvolumen von 225 Milliarden Euro. Wichtig sind den deutschen OEMs also die Märkte in anderen Ländern. 75 Prozent der in Deutschland produzierten Autos gehen in den Export. Allerdings produzieren die deutschen OEMs nicht nur in Deutschland. Seit den 2000ern, aber auch schon früher, bauten die OEMs Produktionskapazitäten vor allem in Osteuropa oder China auf.910 Die deutschen Autobauer zeichnen sich global bisher für ihre Produktivität aus, die sich zwischen 2000 und 2017 verdoppelt hat.11 Diese Steigerung äußert sich nicht nur im zunehmenden Arbeitsstress. Die enormen Produktionskapazitäten sind darüberhinaus ein Faktor der anhaltenden Krise des Sektors.
Die einst weltweit begehrten deutschen Verbrenner im mittleren und höheren Preissegment wirken in einer Phase der grün-kapitalistischen Modernisierung aus der Zeit gefallen. Es wurde in den letzten Jahren besonders auf klimaschädliche SUVs gesetzt, obwohl die Automanager immer wieder beteuerten, dass sie freiwillig zur Reduktion der Emissionen im Verkehrssektor beitragen wollen. Kleinere umweltschonendere Autos sind aber weniger profitabel.12 Das alles konnte die Treiber der grün-kapitalistischen Modernisierung nicht zufriedenstellen. Um das Pariser Klimaabkommen einzuhalten, muss in allen Bereichen der CO2-Ausstoß entschieden reduziert werden. Nach Zahlen des Umweltbundesamtes ist der Verkehrssektor für 21 Prozent der klimaschädlichen Emissionen in Deutschland verantwortlich.13 Sie setzten auf EU-Ebene ein Verkaufsverbot ab 2035 durch. Damit ist die EU aber nicht alleine. Durch gezielte staatliche Steuerung gewinnt in China das E-Auto im individuellen Personenverkehr an Bedeutung. Hierbei ist die Sorge um die Luftqualität in den chinesischen Megacities ein wichtiger Treiber. Chinesische OEMs sind der deutschen Konkurrenz im E-Segment technologisch überlegen. Die neue Entwicklung bei Autos besteht nicht nur in den besseren Batterien bzw. der Hardware, sondern auch der Software. In der Digitalisierung besteht die zweite disruptive Tendenz im Automobilsektor. Autos verwandeln sich in „Smartphones auf vier Rädern“ und die deutschen Autos gelten in dem Feld als weniger attraktiv.
Nicht nur der chinesische Markt bricht für die aus der Zeit gefallenen deutschen Autos ein. Verstärkt durch Inflation und sinkende Reallöhne sinkt (auch in Deutschland) die Nachfrage nach hochpreisigen deutschen Autos – Verbrenner und E-Autos. Die Produktionskapazitäten werden nicht mehr genutzt. In Wolfsburg werden derzeit 500.000 Autos produziert. Die Werksplanung lag bei 800.000. Bei VW Zwickau sind es 120.000, geplant waren 360.000.14 So ging es vielen europäischen Autoherstellern. Die Profitabilität der Werke sinkt. Um diese im Sinne der Aktionär*innen sowie des Familienclans Piëch-Porsche aufrecht zu erhalten, muss unproduktives Kapital vernichtet (Werkschließungen) oder Lohnkosten durch Entlassungen und Rationalisierungen gesenkt werden. Genau das war der Gegenstand der Tarifauseinandersetzung bei VW im Herbst 2024. Die IG Metall stimmte dem Lohnverzicht zu und erkaufte somit die Beschäftigungssicherung für ca. 120.000 Arbeiter*innen. Krull argumentiert jedoch, dass die Reallohnverluste auf lange Sicht Standortverlagerungen nicht verhindern werden und dass das verringerte Gesamteinkommen der Arbeiterklasse den Konsum weiter drosseln wird. Das wird die Automobilclusterregionen in eine schwierige ökonomische Lage bringen. Zur gleichen Zeit werden die Profite der Großaktionäre abgesichert, was die soziale Ungleichheit weiter befördert.15
Wird der Arbeitsplatz- und Kapazitätsabbau bei den OEMs aufgrund der Organisationsmacht der IG Metall noch gebremst, ist der Prozess bei den Automobilzuliefern längst im Gange. Die Situation für die Arbeiter*innen in vielen Zulieferbetrieben ist bedrohlich. Die Krise hängt mit der Integration der Zulieferer in die Lieferketten bzw. Produktionsnetzwerke der OEMs zusammen. Die Standorte sind tief in die Produktionsnetzwerke integriert und produzieren Komponenten für Autos mit Verbrennungsmotoren. Diese Komponenten werden perspektivisch nicht mehr benötigt. Wichtige Komponenten für „Smartphones auf vier Rädern“ sind Produkte wie Halbleiter oder Batterien, die jedoch nicht in Deutschland, sondern in Ostasien von Unternehmen hergestellt werden, die teilweise erst seit Kurzem in dem Feld tätig sind.16
Die Werke der Zulieferer müssen ihre Produkte umstellen. Sie haben aber nicht das Kapital – oder wollen es nicht investieren –, um die Produktion grundlegend zu verändern. Das ist auch eine Folge des permanenten Preiskampfes, in dem sich die Zulieferer befinden, weil die mächtigen OEMs möglichst billige Komponenten wollen. Sozialpartnerschaftliche Programme für Transformationspläne, in denen Management und Arbeiter*innen über die Zukunft der Werke auf Betriebsebene diskutieren, bleiben oft erfolglos. Die Zulieferer bauen ihre Kapazitäten ab. Viele Unternehmen aus der Branche schließen schon Standorte. Die Zahl der Beschäftigten in der Branche schrumpfte von 2019 bis 2023 um 10 Prozent – oder um 30.000 Beschäftigte. Weitere Entlassungen sind für die nächsten Jahre bereits angekündigt. ZF etwa, einer der größten Zulieferer in Deutschland und weltweit, will sich „gesund sparen“ und dafür 14.000 von derzeit 54.000 Arbeiter*innen in Deutschland entlassen.17
Die IG Metall und die Beschäftigten sehen sich nicht in der Lage in dieser Dauerkrisensituation die Jobs bei den Zulieferern zuerhalten. Sie kämpfen nicht für eine Umstellung der Produktion, sondern für Sozialpläne (Abfindungen und Umschulungen) bei Standortschließungen. Während die Arbeiter*innen von Ex-GKN in Florenz in den letzten Monaten zu einem Hoffnungsschimmer für den ökosozialistischen Kampf um Produktionskonversion wurden, wird der GKN-Standort in Zwickau nach Verhandlungen unter Beteiligung der Gewerkschaft geschlossen. In Südwestsachsen und anderen Region gehen Jobs verloren, was rechts-fossilistische Akteure politisch aufgreifen.18
Zentrum: ein fossiles Hegemonieprojekt auf dem Shopfloor
Vor der drohenden Deindustrialisierung Deutschlands warnte in den letzten Wochen die AfD-Bundestagsfraktion. Großflächige Plakate mit der Parole „Energiepreise senken, Deindustrialisierung stoppen!“ konnte man in mehreren deutschen Städten sehen. CO2-Bepreisung soll abgeschafft und Kernkraft wieder eingeschaltet werden, als wäre die ökologische Krise eine Chimäre.19 Viele Automobilarbeiter*innen werden in der derzeitigen Krise von diesen Parolen angesprochen werden. Mit der AfD-Betriebsorganisation Zentrum tritt zugleich ein neuer Akteur hervor, der vor allem in den Autofabriken dem fossilen Hegemonieprojekt im Betrieb eine Stimme verleihen will.
Im Jahr 2010 wurde Zentrum bei Mercedes Untertürkheim, in der Nähe von Stuttgart, gegründet. Bis heute ist Oliver Hilburger, Ex-Bassist der Nazi-Rockband Noie Werte, die Führungsfigur der Betriebsorganisation. Auf den ersten Blick ist Zentrum kein großes Problem für die DGB-Gewerkschaften. Die Organisation ist nur in wenigen Betrieben etabliert und hat nicht viele Mitglieder. Nirgendwo haben Zentrums- bzw. zentrumsnahe Listen eine Mehrheit im Betriebsrat. Es ist auch unklar, ob die Organisation das Recht hat, zu einem Streik aufzurufen. Sie war und ist jedoch in großen deutschen Automobilwerken wie unter anderem Mercedes Untertürkheim und Rastatt, Stellantis Rüsselsheim, BMW Leipzig und VW Zwickau aktiv. Die Dunkelziffer könnte höher sein. Der freigestellte Betriebsrat Oliver Hilburger reist immer wieder durch die Republik, um interessierte Arbeiter*innen für die Organisation anzuwerben. Zentrum ist auf rechten Großdemos immer wieder präsent und wirbt mit Infoständen für das Aufstellen rechts-oppositioneller Betriebsratslisten, die bei der Betriebsratswahl 2026 gegen die IG Metall antreten könnten.20 Bei VW Zwickau klagte zuletzt eine zentrumsnahe Liste Bündnis freier Betriebsräte (BfB) gegen die letzte Betriebsratswahl, woraufhin nun das Gremium mitten in der Krise neu gewählt wurde. Die rechte Liste konnte die Zahl ihrer Sitze von zwei auf vier verdoppeln.21 Es war nicht das erste Mal, dass Zentrums-Listen gegen die Wahl von betrieblichen Mitbestimmungsgremien klagten. Das Hauptproblem ist dabei, dass Zentrums politische Position einen organisatorischen Ausdruck findet. Die Betriebsorganisation könnte somit im Krisenkontext, wo Betriebsräte und lokale Geschäftsführungen über die Zukunft von Standorten verhandeln, Sitze erobern.
Anhand des BfB sieht man, dass viele Zentrumsaktive auch Kommunalpolitiker für die AfD oder Freie Sachsen sind. Die Ideologie von Zentrum wurde in der Rede von Jörg Reichenbach – BfB-Betriebsrat und AfD-Kommunalpolitiker – am 1. Mai 2024 in Zwickau zusammengefasst:
Zwar müssen die heutigen Arbeitnehmer nicht mehr um einen 8-Stunden-Tag kämpfen, aber ihre Existenz wird… durch politische Entscheidungen bedroht… man verlagert Arbeitsplätze ins Ausland, importiert billige Arbeitskräfte … als Konkurrenz auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Die Einheitsgewerkschaften im DGB tragen das alles heute nicht nur mit, sie unterstützen es sogar. Sie sind Teil und verlängerter Arm dieses Regierungsapparates und nicht mehr die Vertreter der Interessen der Arbeitnehmer. Von daher ist es eine der zentralen Forderungen an die zukünftige alternative Politik in Deutschland an diesem 1. Mai, dem Tag der Arbeit, hier von Zwickau ausgehend, die Wiedereinführung des Streikrechts für Arbeitnehmer mittels Generalstreiks… Die Systemgewerkschaften konzentrieren sich vordergründig und lediglich kosmetisch auf eine Scheinkritik der Umstände, die sie selber Jahrzehnte mitbegleiteten, stützen und auch noch für gut beheißen. Sie sind daher Teil des Problems in Deutschland und nicht Teil der Lösung. Was wir momentan erleben, ist die Vernichtung unseres Wohlstandes in Form einer Deindustrialisierung. Dies geschieht auf vielfältige Art und Weise. Die Automobilindustrie wird auf politischen Druck zur Transformation hin zu einer E-Fahrzeug-Produktion erzwungen. Das gefährdet hunderttausende Arbeitsplätze in der Automobil- und Zulieferindustrie in Deutschland, in Sachsen und vor allem hier in der Region Zwickau.
Drei Aspekte aus dem Redeausschnitt will ich hervorheben und einordnen:
- 1.) Zwar spricht Reichenbach das vermeintliche Problem der Migration von Arbeiter*innen in dieser Rede an, aber eigentlich ist das nicht die Kerbe, in die Zentrumsaktivisten in der außer- und innerbetrieblichen Öffentlichkeit schlagen. Es dominieren eher betriebliche Themen bei den Kampagnen zu Betriebsratswahlen. „Ausländer nehmen uns die Arbeitsplätze weg!“ war eher der Slogan der NPD in den 1990er und 2000er Jahren. Abgesehen davon, dass eher ein Arbeitskräftemangel in der Industrie gerade in Sachsen ein Problem ist – was sich natürlich auch bald ändern kann – will man möglicherweise nicht Unterstützer*innen durch Nazi-Parolen abschrecken und sich auf die derzeit heißeren Themen konzentrieren.
- 2.) Ein Hauptgegner in der Agitation sind die DGB-Gewerkschaften. Diese werden für ihre Nähe zur herrschenden Politik kritisiert. Gefordert wird, dass es eine Arbeiterorganisation gibt, die sich gegen die Herrschenden stellt. Zentrumsvertreter verweisen immer wieder auf den Generalstreik bzw. den politischen Streik. Sie besetzen damit auf den ersten Blick eine sozialrevolutionäre Idee von rechts, doch meinen etwas vollkommen anderes. Es geht nicht um einen Streik gegen die Herrschaft des Kapitals. Das Kapital und die Geschäftsführungen sind eigentlich selten Gegenstand der Kritik, sondern vielmehr geht es gegen die Herrschaft der grünen Ideologie, der sich Arbeiter*innen und Unternehmer*innen unterwerfen müssen. Die DGB-Gewerkschaften sind Träger der Ideologie und handeln entgegen der Interessen der „Arbeitnehmer“. Ihnen wird die Nähe zum grün-kapitalistischen Hegemonieprojekt vorgeworfen, während Zentrum die „Arbeitnehmer“ in das fossile Hegemonieprojekt rüberziehen will.
- 3.) Der zentrale Widerspruch ist also keiner zwischen Klassen, sondern zwischen dem grün-kapitalistischen Hegemonieprojekt, was vermeintlich herrscht, und dem Volk. Verantwortlich für die gegenwärtige Krise der Automobilindustrie ist nicht eine Überproduktions- und Profitablitätskrise, in der Konzernleitungen wahrscheinlich auch unglücklich agiert haben, sondern es ist die ideologie-getriebene Politik. Das verdeutlicht auch die Krisenanalyse, die Lars Bochmann, der wie Reichenbach sowohl BfB-Betriebsrat als auch AfD-Lokalpolitiker ist, im September 2024 im Interview mit dem rechtsradikalen österreichischen Nachrichtensender AUF1 äußerte:
[A]ber in allererster Linie … sehen wir hier die Probleme, dass das von der Regierung, von unserer Führungsriege [der Bundesregierung, Anm. ADC] so falsch beurteilt wurde, und es ist eigentlich eine Katastrophe…. Das hängt einfach daran, dass man hier immer Ideologie hinterherfährt.... Also wir brauchen hier dringend Entscheidungen der Politik, dass wir hier günstig Strom, günstig Gas, dass wir vor allen Dingen auch von dieser ganzen Bürokratie wegkommen, dass wir hier auch wieder konkurrenzfähige Steueranteile [haben]. Das geht alles gerade überhaupt nicht. Das ist alles viel zu teuer hier und dann braucht sich niemand zu wundern, warum das eben dann so kommt, wie es jetzt gekommen ist. Das ist… ein großes Alarmzeichen. Wenn Volkswagen hustet, dann friert das ganze Land... Hier hängen so viele Arbeitsplätze dran… JETZT muss ich dringend hier was ändern, da muss Berlin aufwachen und hier gegensteuern, und zwar SOFORT…
Das Problem ist nicht die Ausbeutung oder Profitorientierung, sondern das Problem ist zu viel Bürokratie und hohe Energiekosten, die die Freiheit des Kapitals einschränken und was zum Schaden des Volkes gereicht. Anschlussfähig sind diese Positionen für ein fossiles Hegemonieprojekt.
Nicht nur linke Autor*innen beziehen sich auf Gramsci, sondern er ist auch beim neonationalsozialistischen Flügel von Höcke hoch im Kurs. Ich will hier nicht den Bezug zu Gramsci näher beurteilen, sondern zunächst festhalten, dass Teil der faschistischen Machtergreifungsstrategie darin besteht, die kulturelle Hegemonie zu erobern, die derzeit vermeintlich links-grün dominiert ist. Dabei geht es nicht nur um Energieträger und industriepolitische Entscheidungen, sondern um Fragen der Sexualität oder der Migration. Um kulturelle Hegemonie zu erobern, braucht es auch außerparlamentarische Kräfte wie soziale Bewegungen, alternative rechte Medien und ein durch Zentrum verkörpertes politisches Vorfeld im Betrieb22, wie Höcke auf dem AfD-Parteitag in Riesa 2022 betonte. Wie die nationalsozialistische Betriebszellenorganisation (NSBO) in den 1920er und 1930er Jahren, soll Zentrum in die Belegschaften in der Industrie hineinwirken – und die ohnehin starke Stellung der AfD absichern.23 Es sind vor allem Vertreter des neonationalsozialistischen Partei-Flügels, die Zentrum unterstützen. Politiker aus diesem Lager rufen auf sozialen Plattformen die Arbeiterklasse dazu auf, DGB-Gewerkschaften zu verlassen und Zentrum beizutreten. Angesichts dieser Drohung ist die Frage, was die IG Metall und Ökosozialist*innen betriebspolitisch dem rechten Werben um Hegemonie entgegenzusetzen haben.
Grüner Kapitalismus oder Öko-Sozialismus?
Die IG Metall ist die größte Gewerkschaft Deutschlands und in den für eine Konversion entscheidenden Exportindustrien organisierend. Sie nahm ihr politisches Mandat wahr und ging 2024 mit dem 11-Punkte-Zukunftsplan zum Erhalt unseres Industrielands (Zukunftsplan) an die Öffentlichkeit. Der Zukunftsplan skizziert die Vision Deutschlands als grüner Exportindustrienation.
Die IG Metall interveniert mit dem Zukunftsplan in das grün-kapitalistische Hegemonieprojekt, wobei teilweise gewerkschaftliche Forderungen im grünen Gewand reartikuliert werden. Es ist eine politische Entscheidung, dass sich die Gewerkschaft gegen das fossile und für das grüne Hegemonieprojekt entscheidet. Der Zukunftsplan hat auch eine Funktion nach Innen. Er dient als Argumentationsgrundlage für IG-Metall-Hauptamtliche und Vertrauensleute. Es soll handlungsleitend für die Mitglieder und die verschiedenen IG-Metall-Gremien werden. Hierdurch soll die Industriearbeiterschaft in das Hegemonieprojekt integriert werden. Für den 15.März 2025 – einen Samstag – ruft die IG Metall zu einem bundesweiten Aktionstag auf, um auf der Straße Druck für die Agenda zu machen. Wir wollen im Folgenden nur wenige Punkte aus dem Zukunftsplan herausgreifen.24
Zunächst bekennt sich die IG Metall in dem Programm nicht nur zur Industrie als der Grundlage des Wohlstands, sondern auch zur grünen Modernisierung (Punkt 1). Die Regierung soll in betriebliche Umrüstungen, Ausbau erneuerbarer Energien und andere grüne Modernisierungsmaßnahmen investieren. Offensiv wird daher die Schuldenbremse in Frage gestellt und es werden höhere Steuern für Reiche gefordert (Punkt 4). Vor diesem Hintergrund forderte die IG-Metall-Führung zuletzt gemeinsam mit krisengeplagten Zulieferunternehmen staatliche Unterstützung für die Branche. Als Teil der Krisenlösung wurde ein schnellerer Ausbau der E-Auto-Infrastruktur vorgeschlagen.25 Die IG Metall unterstützt das Ende des Verbrenners und setzt die Hoffnung vor allem in die Antriebswende zur E-Mobilität. Wenngleich andere Mobilitätsformen Erwähnung finden, wird das individualistische Verkehrssystem jedoch nicht in Frage gestellt (Punkt 6). Von den Unternehmen fordert die IG Metall ein Bekenntnis zum Standort Deutschland (Punkt 2). Weiterhin stehen mehrere Forderungen zum Erhalt des Sozialstaates im Zukunftsplan sowie Umschulung von Arbeiter*innen, die im Zuge der Transformation ihren Job verlieren könnten (Punkt 8). Es geht der IG Metall darum, das deutsche System der Sozialpartnerschaft mit starker exportindustrieller Orientierung in einen grünen Kapitalismus hinüberzuretten.
Ich glaube, dass der Zukunftsplan durchaus an das vorherrschende Bewusstsein bestimmter Belegschaftsteile anknüpft. Viele Arbeiter*innen können sich meiner Erfahrung nach mit den Forderungen der IG Metall im Großen und Ganzen identifizieren – selbst wenn sie den Zukunftsplan wahrscheinlich nie gelesen haben. Sie weisen die Schuldenbremse zurück und sehen die Notwendigkeit einer Umstellung der Produktion aufgrund marktvermittelter Zwänge. Das bestätigt das Interview mit Matthias, das ebenfalls auf communaut erschien26. Jedoch kann ich die Zahl der Arbeiter*innen, die sich mit dem grün-kapitalistischen Hegemonieprojekt zumindest teilweise identifizieren, nicht exakt beziffern. Ich halte es aber für fragwürdig, ob sich das Wirtschaftsmodell, welches die IG Metall einer grünen Modernisierung unterziehen will, aufgrund seiner hohen Energie- und Ressourcenkosten mit Klimazielen vereinbaren lässt. Das sehen auch ökosozialistische Kolleg*innen so. Inwieweit gehen sie über die IG Metall hinaus?
Es gibt in Deutschland ökosozialistische Initiativen im Bereich der Automobilwirtschaft. In enger Zusammenarbeit mit Klimaaktivist*innen entstand in Wolfsburg im Kontext des mittlerweile geschlossenen Projekthauses Amsel 44 eine standortübergreifende Vernetzung von VW-Arbeiter*innen. Auf Klimacamps27 oder sonstigen Aktionen wurde hier um die Möglichkeiten einer Vergesellschaftung von VW und einer umfangreichen Konversion des Konzerns hin zur Produktion von Bussen und Bahnen diskutiert. Dabei wird versucht, Druck auf die IG Metall aufzubauen, damit diese sich in der Frage der grünen Transformation radikalisiert. Noch weit entfernt von betrieblicher Hegemonie berichtet VW Betriebsrat Lars Hirsekorn jedoch davon, dass Kolleg*innen sich für ökosozialistische Ideen interessieren und regelmäßig Diskussionsrunden stattfinden.28
Dies ist ein erster Schritt, um gegen die Anhänger*innen einer grün-kapitalistischen Modernisierung sowie des fossilen Status Quo eine radikale Veränderung der Produktionsweise zu erkämpfen. Er reiht sich in andere Kämpfe von Arbeiter*innen, Gewerkschaften und Klimaaktivist*innen ein, die für radikale Transformation der Produktion kämpfen. Das bekannteste Beispiel ist der ehemalige Autozuliefererbetrieb Ex-GKN in Florenz. Dort will die (ehemalige) Belegschaft als Genossenschaft Solarpanels in den Werkhallen produzieren. Die Arbeiter*innen konnten zusammen mit Klimaativist*innen und einer internationalen Solidaritätsbewegung Druck auf die lokale Regierung ausüben und Unterstützung gewinnen. Sie fordern, dass die Region von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch macht, den Betrieb übernimmt und dann an die GKN-Arbeiter*innen verpachtet. Noch ist offen, wie der langwierige Kampf ausgehen wird.29 Zumindest wurde eine Werksschließung politisiert, anstatt bloß hingenommen zu werden. Auch beim GKN-Werk in Zwickau, dessen Schließung schon durch ist, gab es Solidarität aus der Klimabewegung.30 Wäre der Kampf länger von der IG Metall und den Aktiven geführt worden, hätte daraus vielleicht mehr entstehen können. Bei der Frage nach Unterstützung von Streiks durch Klimaaktivist*innen kann im Guten und im Schlechten an Erfahrungen von #WirFahrenZusammen angeknüpft werden, die in den letzten Jahren die Streikenden bei den Tarifrunden im Öffentlichen Nahverkehr und Öffentlichen Dienst unterstützten. Ihr Ziel war diese zu politisieren. Zwar sprach die Kampagne einige ative Beschäftigte im ÖPNV an, jedoch ließen die klimapolitischen Forderungen viele Arbeiter*innen kalt. Teilweise waren sie den Klimaaktivitst*innen sogar feindlich gesonnen.31
Wichtig ist die Frage von Werksschließungen und Arbeitsplatzabbau nicht nur auf der Ebene des einzelnen Betriebs zu diskutieren, sondern es geht in der derzeitigen Situation immer um Regionen, in denen viele Menschen in ihrer Existenz stark von den Löhnen der Automobilindustrie abhängen. Das griff die IG Metall letztes Jahr in Schweinfurt mit der Kampagne „SOS Kugellagerstadt“ auf, wo gleich mehrere Zulieferer Personalabbau angekündigt hatten.32 Im Rahmen einer breiten Unterstützungsarbeit können Fragen der grundsätzlichen Kritik des fossilen Kapitalismus diskutiert werden und sich radikalere Forderungen durchsetzen, wie nach der Vergesellschaftung von Produktion.
Ein weiterer Ansatzpunkt für Unterstützung aus der radikalen Linke wäre die Hilfe beim Aufbau einer standortübergreifenden und bestenfalls internationalen Vernetzung von Kolleg*innen „auf der unteren Ebene“ im Automobilsektor. Die erwähnte Ex-GKN-Kampagne ist hierfür ein Beispiel. Die Vernetzung der Arbeiter*innen kommt bei den DGB-Gewerkschaften oft zu kurz. Hierdurch droht, dass im Zuge der Transformation lokale und nationale Belegschaften gegeneinander ausgespielt werden, wie es bei Audi in Brüssel der Fall war, wo der Standort geschlossen wurde.33 Erhalt und Aufbau von Vernetzungsinfrastrukturen bedarf enormer Ressourcen.
Im Zusammenhang der gegenwärtigen Umbrüche des Kapitalismus müsste eine radikale Linke die Kämpfe gegen Umweltzerstörung, Faschismus, das fossile Hegemonieprojekt, Verelendung der Arbeiterklasse in den Industrieregionen und das Kapital verbinden. Es bedarf einer linksradikalen Strategiediskussion sowohl in Gewerkschaften als auch in der Klimagerechtigkeitsbewegung. Vielleicht wird dann eines Tages ein ökosozialistisches Hegemonieprojekt oder besser noch eine revolutionäre Bewegung gegen den Kapitalismus am Horizont sichtbar – andernfalls droht ein unaufhaltsamer Aufstieg der Rechten.
- 1. In den Text fließen Gespräche und Diskussionen mit ehren- und hauptamtlichen Gewerkschafter*innen aus der Automobilindustrie ein, die ich in verschiedenen Kontexten in den letzten Monaten führte. Hierfür will ich mich herzlich bedanken.
- 2. https://www.bpb.de/kurz-knapp/zahlen-und-fakten/globalisierung/52741/pr…
- 3. Ich beziehe mich bei meiner Analyse auf Erkenntnisse aus der politischen Ökologie. Um die derzeitigen Kämpfe um die sozial-ökologische Transformation zu analysieren, wird hier sehr auf die Hegemonie-Theorie Antonio Gramscis zurückgegriffen. Zuletzt: Brand, Ulrich und Markus Wissen (2024). Kapitalismus am Limit. Öko-imperiale Spannungen, umkämpfte Krisenpolitik und solidarische Perspektiven. München; Thiele, Lasse (2024). Zeitenwende für den »grünen« Kapitalismus? Ein Hegemonieprojekt in einer Ära neuer Industriepolitik und geopolitischer Zuspitzung. PROKLA 216, 391 – 409. Ich verzichten hier auf Zitate.
- 4. Für die Baubranche siehe: Simon Schaupp (2024). Bauarbeit im Klimawandel Expansive Nutzbarmachung und ökologischer Eigensinn. PROKLA 216, 473 - 490.
- 5. Zu den klimapolitischen Zielen im Wahlprogramm der AfD zur Bundestagswahl 2025, Wohlstand für Alle, Episode 284 siehe https://www.youtube.com/watch?v=MHJZdNcaxl0 ab 00:53:18.
- 6. E-Autos sind keine geeignete Lösung für die ökologische Krise des Kapitalismus. Ob sie CO2 reduzieren, von den Energiequellen der Herstellung und des Fahrbetriebs, von ihrer Größe, sowie der Effizienzentwicklung von Batterien ab. Es gibt große technologische Fortschritte in diesem Bereich (s. die Episoden dieses „grün-kapitalistischen“ Podcast: https://geladen.podigee.io/ ). Wir wissen nicht, wann und ob die Produktion der neuen Batterietypen jemals anlaufen wird. Die individuelle E-Mobilität verlagert derzeit die ökologische Krise global, statt sie zu lösen. Selbst wenn der CO2-Verbrauch reduziert wird, wird der Abbau der Rohstoffe für die Batterien – und andere grüne Techologien – zu neuen Umweltschäden in der ganzen Welt führen. Die Nachfrage nach diesen Rohstoff kann Kriegsdynamiken wie in der Ukraine anheizen (s. https://www.freitag.de/autoren/wolfgang-michal/der-erste-krieg-der-ener…; Leider hinter einer Paywall).
- 7. Die Zahlen lassen sich auf der Website des VDA, der Lobbyorganisation der Automobilhersteller, finden: https://www.vda.de/de/themen/automobilindustrie/marktentwicklungen/besc…
- 8. Eine Karte der Automobilcluster fanden wir unter: https://www.wiwo.de/unternehmen/auto/autobranche-diese-autobauer-und-zu…
- 9. Das verdeutlicht eine Karte der Standorte des VW-Konzerns auf der ganzen Welt. https://www.volkswagen-group.com/de/standorte-der-volkswagen-group-17481 Zur VW-Gruppe gehören Marken wie VW, AUDI, Skoda, SEAT, Bentley, Ducati oder CUPRA. Die Produktionskapazitäten im Ausland werden aufgrund des drohenen Handelskrieges demnächst zunehmen und könnten die Krise der Automobilproduktion in Deutschland bestärken s. https://www.dw.com/de/in-der-welt-zu-hause-bleibt-vw-ein-deutsches-unte…
- 10. Die Zahlen aus dem Abschnitt sind entnommen: Boewe, Jörg und Johannes Schulten (2023). Die Transformation in der globalen Automobilindustrie, Fig.28. Die Studie bietet einen guten Überblick über die .gegenwärtigen Entwicklungen in dem Sektor. Ihr findet sie unter: https://www.rosalux.de/publikation/id/50028/die-transformation-der-glob…
- 11. Köncke, Phillipp (2021). Strukturwandel und Arbeitskämpfe in der deutschen Automobilindustrie in Spurwechsel. Studien zu Mobilitätsindustrien, Beschäftigungspotenzialen und alternativer Produktion, hrsg. v. Mario Candeias und Stephan Krull ,125. Könckes Aufsatz in bietet eine spannende Übersicht über den Zustand der deutschen Automobilidustrie. Das kostelose e-book gibt es unter: https://www.rosalux.de/publikation/id/45696/spurwechsel-2
- 12. Hierzu auch Köncke (2021), 121.
- 13. https://www.umweltbundesamt.de/themen/verkehr/klimaschutz-im-verkehr#ro…
- 14. Siehe hierzu Krull, Stephan (2024a). Lohnverzicht sichert keine Arbeitsplätze! In Express 12/2024, S. 1 Der Express. Zeitschrift für sozialistische Betriebsartbeit hat die Krisenanalyse des ehemaligen VW-Betriebsrates Krulls als PDF zur Verfügung gestellt: https://www.express-afp.info/express-12-2024-erschienen/ Siehe außerdem: Candeias, Mario und Stephan Krull (2024). Volkswagen: Das System Auto in der Krise Was sie für die Belegschaften bedeutet und wie wir sie meistern können. Im Internet unter: https://www.rosalux.de/news/id/52713/volkswagen-das-system-auto-in-der-… Im folgenden werden Zahlen aus den Ariktel benutzt.
- 15. ebd.
- 16. Zur kritischen Lage der deutschen Zulieferer s. Schulten und Boewe (2023).
- 17. https://www.wochenblatt-news.de/region-bodensee/friedrichshafen/so-geht… Ein interessantes Interview zur Lage bei ZF wurde auch beim Podcast Klassenfrage geführt: https://www.youtube.com/watch?v=_ULMqG2zw3M
- 18. In seiner Analyse des jüngsten Tarifabschlusses bei VW und dem Bundestagswahl hebt Klaus Lang hervor, dass CDU, SPD und die Grünen der IG Metall daher dankbar sein müssen, dass die Tarifeinigung mit dem Management vor der Bundestagswahl 2025 stattfand. Klaus Lang (2024). Gute Zeichen, schlechte Zeiche. Das Tarifergebnis bei VW, der Wahlkampf und die Parteiprogramme. Im Internet abrufbar unter: https://bruchstuecke.info/2024/12/26/gute-zeichen-schlechte-zeichen-das…
- 19. Zum Plakat: https://www.cz.de/lokales/celle-lk/celle/warum-die-afd-in-celle-entgege…
- 20. An dieser Stelle können wir uns nur auf wenige Facetten der Betriebsorganisation Zentrum beziehen. Es gibt hierzu eine zusammenfassenden Dokumentation von labournet.tv, die wir empfehlen: https://de.labournet.tv/strategien-gegen-rechts-im-betrieb-0
- 21. das Dossier zur Betriebsratswahl auf labour.net: https://www.labournet.de/politik/gw/mitbestimmung/betriebsrat/die-recht…
- 22. Zur Rolle des politischen Vorfelds und dem Begriff der Metapolitik ohne Bezug zu Zentrum s. Birk Adam (2024). Sorgen eines mit dem Hund wackelnden Schwanzes. Das rechte Vorfeld und seine Partei. https://zeitschrift-luxemburg.de/artikel/vorfeld-afd/
- 23. Die in dem Absatz geschilderten Zusammenhänge hat bereits unser Genosse Alf Anschütz (2024) für den Express sehr gut herausgearbeitet. Den Text könnt ihr euch hier herunterladen: https://www.express-afp.info/express-7-8-2024-erschienen/ Zur Debatte zum eine rechte Hegemonie in der Arbeiterklasse s. Hürtgen, Renate (2025). Warum wählen welche Arbeiter:innen eine rechtsextreme Perspektive? Vor den »Gegenstrategien« kommt die Analyse. In Express. Zeitschrift für sozialistische Betriebsarbeit 1/2025, S. 6 f.
- 24. Das 11-Punkte-Programm findet man hier: https://www.igmetall.de/politik-und-gesellschaft/wirtschaftspolitik/fue…
- 25. https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/ig-metall-und-auto-zulief…
- 26. https://communaut.org/de/die-krise-der-automobilindustrie-und-die-oekos…
- 27. Siehe den Bericht auf Communaut-Blog: https://communaut.org/de/ganz-wolfsburg-diskutiert-ueber-strassenbahnen
- 28. Zur Geschichte der Amsel 44 in Wolfsburg und ihrer Kampagne Verkehrswendestadt Wolfsburg erschien kürzlich eine Doku auf labournet.tv: https://de.labournet.tv/verkehrswendestadt-wolfsburg-den-automobilen-ko… Lars Hirsekorn gab in der TAZ im Dezember ein resümierendes Interview: https://taz.de/Volkswagen-Betriebsrat-ueber-Zukunft/!6054706/
- 29. Information und einen aktuellen Stand findet ihr bei labournet.tv: https://de.labournet.tv/update-besetzte-gkn-fabrik-bei-florenz Es gibt aber auch andere Initiaitven einer Transformation von unten, wie beim baskischen Zulieferer Mercaner: https://zeitschrift-luxemburg.de/artikel/lallana-interview-mecaner-werk/ Wobei dieses Projekt letztlich scheiterte.
- 30. https://igm-zwickau.de/aktuelles/meldung/ungewoehnliche-zeiten-ungewoeh…
- 31. Eine Reflektion der Kampagne findet sich bei Lucht, K. & Liebig, S. (2023). Sozial-ökologische Bündnisse als Antwort auf Transformationskonflikte? Die Kampagne von ver.di und Fridays for Future im ÖPNV. PROKLA 210, 15 -33.
- 32. Für mehr Informationen s. https://schweinfurt.igmetall.de/aktuell/sos-kugellagerstadt
- 33. Hierzu auch das lesenswerte Interview von Wolfgang Schaumberg bei Jacobin: https://www.jacobin.de/artikel/arbeitskampf-vw-opel-autoindustrie-gewer…