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Urbanismus, Spektakel und Besetzungen

Urbanismus, Spektakel und Besetzungen

13. November 2021

Hausbesetzungen laufen oft Gefahr, in einem selbstreferenziellen Aktivismus und Kulturangebot zu münden, und sind meist unfähig, mehr als subkulturelle Rückzugsorte zu werden. Die Instandhaltung der Infrastruktur, die Organisierung von Veranstaltungen, gekoppelt an hausinterne Angelegenheiten und Konflikte, rauben viel Zeit und Energie, bis sich irgendwann das politische Handeln nur noch um die eigene Wohn- und Szeneinsel dreht. Wo sich alle nur um ihre eigene Nische kümmern, kommt es notwendig zu einer selbstinduzierten Isolation, in der kaum Interesse an anderen sozialen Konflikten gibt und die einzelnen Akteur:innen sich im Kreis drehen: Man gibt sich damit zufrieden, die eigene Szene zu reproduzieren, und erfährt dabei eine Selbstbestätigung, weil dies scheinbar die eigene Radikalität vor Augen führt.

Dennoch sind öffentliche Hausbesetzungen wichtig, weil sie unkommerzielle Orte des Austausches, der Vernetzung und nicht zuletzt auch des Experimentierens mit kollektiven Wohnformen sind, in denen durch möglichst wenig oder keine Lohnarbeit kollektiv gelebt werden kann. Besetzungen stellen einen der Grundpfeiler der kapitalistischen Gesellschaft, das Privateigentum, in Frage und richten sich gegen die Kommodifizierung von Wohnraum und die kapitalistische Raumordnung der Städte, die diese zu Konsumtempeln degradiert und die Prekarisierten verdrängt. Das Leben innerhalb der Städte wird zunehmend dem Diktat der Kapitalinteressen unterworfen. Hausbesetzungen fungieren, trotz der erwähnten Mängel, oft als praktische Kritik der entfremdeten Raumzeit des alltäglichen Lebens in der kapitalistischen Stadt, indem sie einen widerständigen Raum des Dialogs und der Vernetzung herstellen, der sich gegen unmittelbare Kapitalinteressen richtet. Sie sind temporär und begrenzt »befreite« Räume.

Die antiautoritär-kommunistische Gruppe »Antithesi«1(Athen) hat anhand der Ereignisse der letzten Jahre rund um eines der bekanntesten besetzten Häuser Griechenlands, die »Rosa Nera«, über die praktische Kritik am Urbanismus reflektiert und dabei auf Guy Debords Überlegungen in »Die Gesellschaft des Spektakels« zurückgegriffen. Ihre Auseinandersetzung mit dem bekanntesten Werk Debords geht jedoch weit über den Text hinaus, der hier übersetzt wurde. Die Genoss:innen haben dieses Jahr ein über 400 Seiten langes Buch über »Die Gesellschaft des Spektakels« herausgegeben, in dem sie jede These des Werks besprechen.2

Im nachfolgenden Text, der im Juli 2021 in der »Rosa Nera« vorgestellt wurde, befassen sich die Genoss:innen mit Debords Auseinandersetzung mit der kapitalistischen Raumordnung. Ausgangspunkt ist der Begriff des Spektakels – Ein Begriff, der heute allzu oft missverstanden wird. Er wird meist nicht als Versuch begriffen, die entfremdeten Verhältnisse des Spätkapitalismus theoretisch zu fassen, die sich spätestens seit der zweiten industriellen Revolution und der Herausbildung der Konsumgesellschaft auf die Gesamtheit des Lebens auswirken. Vielmehr wird der Begriff des Spektakels oft verkürzt wiedergegeben und auf die Kulturindustrie reduziert. Fernab solcher verkürzten Betrachtungen analysieren die Genoss:innen von »Antithesi« den Begriff des Spektakels und verbinden ihn mit der Kritik am Urbanismus, an der damit verbundenen Atomisierung der Menschen in den Städten und an den gegebenen Klassenverhältnissen. Sie erinnern uns dabei an einen der wichtigsten Beiträge der Situationisten: Eine revolutionäre Bewegung muss das alltägliche, entfremdete Leben umkrempeln, sie muss sich den Raum und die Zeit wieder aneignen und neue soziale Verhältnisse erschaffen, die weder durch die Warenlogik noch durch die damit verbundene Raumordnung bestimmt sind.

Da die Genoss:innen sich an einzelnen Stellen im Text auf die »Rosa Nera« beziehen und der Text sowohl in der »Rosa Nera«als auch in anderen besetzten Häusern präsentiert wurde, folgen zunächst ein paar einleitende Worte zur »Rosa Nera« und den dort herrschenden Konflikten. Diese kurze Erläuterung ist vor allem deshalb von Bedeutung, weil die Kritik des Urbanismus nicht bloß theoretisch vollzogen werden sollte. Die »Rosa Nera« dient in diesem Sinne als Beispiel einer praktischen Kritik des kapitalistischen Urbanismus, als selbsorganisierter Zusammenschluss gegen Staat und Kapital.

Die anarchistische Hausbesetzung »Rosa Nera« in Chaniá, Kreta, besteht seit 2004 und entwickelte sich zu einem selbstorganisierten, unkommerziellen und widerständigen Raum, in dem Diskussionsveranstaltungen, Konzerte, Workshops und Partys stattfinden. Auch eine Bibliothek, ein Archiv, ein Theater, ein Kinderpark, ein Gratisladen und sogar eine kleine Bäckerei wurden in mühseliger Arbeit von den Bewohner:innen und Sympathisant:innen aufgebaut. Die Besetzung zog von Anfang an viele Leute an und hatte einen starken Rückhalt in der Nachbarschaft.

Im November 2019 kündigte die Regierung der rechten Partei »Nea Dimokratia« ein Ultimatum an: innerhalb von 15 Tagen sollten zahlreiche besetzte Häuser in ganz Griechenland aufgegeben werden, ansonsten würden diese geräumt. Als Antwort stürmten mehrere Leute in Chaniá einen TV-Sender mit einem Transparent mit der Aufschrift »15 Tage bis zum Ende der Welt (so wie ihr sie kennt)« und kündigten live an:

»Diejenigen, die unsere Arbeit ausbeuten, werden hiermit aufgefordert, die Löhne um 200% zu erhöhen, die Arbeitszeiten entsprechend zu verkürzen oder ›ihre‹ Produktionsmittel zu kollektivieren und damit aufzuhören unsere Arbeitskraft zu stehlen. Diejenigen, die rechtswidrig gegen die internationalen Gesetze zum Schutz von Flüchtlingen verstoßen, indem sie Kinder töten, inhaftieren und sogar entführen, um sie in unmenschlichen Internierungslagern ohne Zugang zu Gesundheit und Bildung einzusperren, werden aufgefordert, unverzüglich zurückzutreten. Diejenigen, die Flüchtlinge ausweisen, werden aufgefordert, das Land zu verlassen und ihre Verantwortung für den Schutz von Flüchtlingsleben an internationale Solidaritätsbewegungen abzugeben. Die Frist für die Umsetzung der Anordnungen beträgt 15 Tage ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Pressemitteilung. Andernfalls werden wir nicht erfreut sein... um es gelinde auszudrücken. Wir sehen uns auf der Straße.«

Von den landesweiten Solidaritätsaktionen unbeeindruckt, führte die Regierung ihre Pläne fort und stürmte und räumte am 5. September 2020 die »Rosa Nera« mit Polizeieinheiten aus verschiedenen griechischen Städten. Stunden später protestierten Hunderte Menschen gegen die Räumung und hielten eine Vollversammlung ab, in der ein weiterer Demonstrationszug für den Abend organisiert wurde. Ganze 2´000 Menschen nahmen sich diesmal aus Solidarität mit der »Rosa Nera« die Straßen – eine beträchtliche Anzahl für die kleine Inselstadt, in der wenig mehr als 50´000 Leute leben. Dennoch gab die Regierung nicht nach, sie blieb bei ihren Plänen und ergriff alle erdenklichen Maßnahmen, damit das Gebäude nicht wiederbesetzt wurde: Die Eingänge wurden zugemauert, sanitäre und elektrische Anlagen zerstört, die Fenster mit Metallplatten zugeschraubt und mehrere Polizist:innen überwachten das Gebäude rund um die Uhr.

Neun Monate später, am 5. Juni 2021, stand das anarchistische Sozialzentrum »Rosa Nera« immer noch leer. Gegen Mittag strömten Hunderte Menschen entschlossen in Richtung des ehemals besetzten Hauses und forderten die Polizei auf, sich sofort zurückzuziehen, was sie, angesichts ihrer zählenmäßigen Unterlegenheit kleinmütig taten. Das Gebäude wurde in der Folge wiederbesetzt und am selben Tag fand eine Vollversammlung mit ca. 1´200 Menschen statt.

Da sich die Hausbesetzung auf dem Kastelli Hügel befindet, einem der schönsten Orte der Stadt mit einer wunderschönen Aussicht, weckt sie seit geraumer Zeit das Interesse von Privatinvestoren. Triebkraft der ersten Räumung der »Rosa Nera« waren u.a. die Pläne der Firma »Belvedere«, die auf dem Hügel private Luxushotelanlagen mit Swimmingpools bauen wollte. Aus diesem Grund ist die Wiederbesetzung des Gebäudes nicht nur ein Zeichen gegen die staatliche Repression, sondern vor allem gegen die Kapitalinteressen der Tourismusbranche und der damit verbundenen Gentrifizierung von Chaniá.

M. Lautréamont

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Warendominierte Städte: Orte des Widerstands und der kapitalistischen Macht

Ende Mai 2021 haben wir unsere neue Publikation mit dem Titel Die Gesellschaft des Spektakels: Notizen zur Lektüre und Praxis veröffentlicht. Das Buch ist das Ergebnis einer kollektiven Arbeit. Wir waren über zwei Jahre lang in einer Diskussions- und Kritikgruppe, in der wir das Originalwerk von Debord untersucht haben. In unserem Buch nähern wir uns dem Begriff des Spektakels als Erscheinungsform des Kapitals, wenn es bereits alle Lebensbereiche unter seine Verwertung subsumiert hat. Im Gegensatz zum Geld, das die sichtbare Form des Kapitals als gesellschaftliches Produktions- und Herrschaftsverhältnis in der Sphäre der Ökonomie ist, ist das Spektakel die Erscheinung des Kapitals in seiner Totalität, d.h. die Erscheinung der Totalität der kapitalistischen Verhältnisse – Das umfasst Politik, Ideologie, Stadt, Kultur usw. So wird »die ganze Ausdehnung der Gesellschaft« zum Porträt des Kapitals (These 50).

Das Spektakel, genauso wie das Geld, ist nach Marx zugleich sichtbar und verschwommen, da sich in ihnen das Kapital als gesellschaftliches Verhältnis sowohl ausdrückt als auch verbirgt. Die Gesellschaft des Spektakels geht von der logischen Entwicklung der Kategorien vom Spektakel als vollendete Trennung – d.h. als organisierte Einheit und strukturierte Totalität der getrennten Sphären der Gesellschaft – zu den einzelnen getrennten Sphären über, die es vereint und die seine besonderen Erscheinungsformen ausmachen: die Ware, die Politik, die Trennungen innerhalb derselben und ihre wesenhafte Einheit, das Proletariat als Repräsentation, die spektakuläre pseudozyklische Zeit, die Raumordnung und der Urbanismus, die Kultur und die Ideologie. Das Kapital hat das Leben in getrennte Sphären fragmentiert, die alle unter seiner Herrschaft vereinheitlicht sind. Das Spektakel ist die Art und Weise, in der sowohl diese vollendete Trennung als auch jede getrennte Sphäre erscheint und somit existiert. Darüber hinaus verwendet Debord den Begriff des Spektakels, um die Tatsache auszudrücken, dass der Mensch in keiner dieser Sphären die Kontrolle über sein eigenes Leben hat, vielmehr ist er selbst Zuschauer desselben und verharrt in einer kontemplativen Haltung. Deshalb dürfen wir das Spektakel nicht auf das Fernsehen, das Kino oder die Werbung reduzieren, obwohl es sich hierbei auch um einige seiner Ausdrucksformen handelt.

Vereinfacht ausgedrückt beschreibt der Begriff des Kapitals ein soziales Verhältnis, in dem die Produkte die Produzent:innen beherrschen. Die einzelnen Kapitalist:innen glauben, dass sie die Subjekte der Wirtschaft sind, doch eigentlich sind auch sie, wie sich in Krisen und in wirtschaftlichen Auf- und Abschwüngen zeigt, Objekte der allgemeinen ökonomischen Bewegung. Sie personifizieren das Kapital, das eine unpersönliche wirtschaftliche Kraft ist, die über die einzelnen Individuen hinausgeht. Wenn das Kapital alle Lebensbereiche beherrscht, drückt sich die Eigenständigkeit der Produkte gegenüber den Produzent:innen in Repräsentationen aus, in einer Reihe von Bildern, die je nach Sphäre variieren. Um nur einige Beispiele zu nennen: Im Bereich der Politik drückt es sich in den Bildern mächtiger Männer, eiserner Frauen und in der patriotischen Mythologie aus, im Bereich der Kulturindustrie in den Stars der gehobenen und populären Kunst, im Bereich der Raumordnung in den Postkarten touristischer Reiseziele, im Bereich der spektakulären Zeit in den pseudozyklisch wiederholten Huldigungen der Ware. Das Spektakel darf nicht mit diesen Bildern gleichgesetzt werden. Es ist vielmehr das durch sie vermittelte soziale Verhältnis: die Herrschaft des Kapitals über seine Schöpfer:innen, die Verwandlung der Menschen in Zuschauer:innen ihrer eigenen Tätigkeiten – in jeder einzelnen Sphäre und als Ganzes. Darüber hinaus ist das Spektakel als Verlust der Kontrolle der Menschen über ihr Leben das gemeinsame Element, das all diese getrennten Sphären vereint, so wie es auch die getrennten Menschen vereint, die in atomisierte Individuen und Familien verwandelt wurden. Der Staat selbst ist eine Version des Spektakels.

In diesem Sinne versucht Debord durch den Begriff des Spektakels die soziale Wirklichkeit als ein organisches Ganzes theoretisch zu rekonstruieren, das sich in und durch die Verselbständigung der Erscheinungsformen des Kapitals (wirtschaftliche, politische, ideologische Formen) konstituiert. Aus diesem Grund kann sich der revolutionäre Klassenkampf nicht mehr nur auf die Beseitigung der Armut fokussieren. Vielmehr muss sich eine emanzipatorische Bewegung auf die Negation der Totalität der spektakulären Herrschaft des Kapitals richten, d. h. sie muss alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens umwälzen – auch die latente Unzufriedenheit, die in den herrschenden Vorstellungen von Zufriedenheit und gesellschaftlichem Sinngehalt lauert.

In der heutigen Veranstaltung, die nach der Wiederbesetzung von Rosa Nera und zu ihrem siebzehnten Geburtstag stattfindet, werden wir uns auf die Sphäre der Raumplanung und des Urbanismus und auf die Stadt als Raum der kapitalistisch-spektakulären Macht konzentrieren. Wir verstehen dabei die Kämpfe gegen die kapitalistische Raumordnung als Grundlage für emanzipatorische Kämpfe generell und werden unsere theoretischen Ausarbeitungen zum Kapitel der kapitalistischen Raumordnung in Die Gesellschaft des Spektakels präsentieren.

Urbanismus als Produktion des abstrakten, homogenisierten und starrten kapitalistischen Raums

Das Kapitel Die Raumordnung beginnt mit der berühmten Passage aus Der Fürst, in der Machiavelli unterstreicht, dass der Herrscher einer Stadt die historische Erinnerung an Freiheit und Rebellion aus den Bewohner:innen auslöschen muss und dass die einzige Möglichkeit, dies zu tun, darin besteht, die Stadtbewohner:innen auseinanderzureißen und zu zerstreuen. Dies ist die Funktion des kapitalistisch-spektakulären Urbanismus, der die Einheit der Stadt auf der Grundlage der Fragmentierung ihrer Bewohner:innen herstellt.

Für Debord ist der Urbanismus nicht nur ein Fachgebiet der bürgerlichen Wissenschaft. Vielmehr ist er die durch das Kapital vermittelte praktische Gestaltung menschlicher Aktivität und menschlichen Lebensraums. Doch der Kapitalismus eignet sich nicht nur die menschliche Aktivität an oder gestaltet sie. Er eignet sich den Lebensboden an und formt ihn. Auf diese Weise wird der kapitalistische Raum produziert – ein homogenisierter, vereinheitlichter und daher abstrakter Raum. So wie im kapitalistischen Warentausch die reale Abstraktion des Wertes, die Waren durch Geld austauschbar und zu Äquivalenten werden läßt und von ihrem Nutzen und ihrem konkreten Charakter abstrahiert, so verliert der Raum seine eigene konkrete Realität, seine Besonderheit. Gleichzeitig ist der abstrakte Raum die Grundlage für die Organisation der abstrakten Arbeit und des Tauschs. Das Ergebnis dieses Abstraktionsprozesses wird seinerseits zu seiner Voraussetzung.

Ein gutes Beispiel zur Veranschaulichung dieses Prozesses ist der Tourismus, der ein Spezialfall der Warenzirkulation ist. Zur Warenzirkulation gehört auch die Zirkulation einer besonderen Ware der kapitalistischen Gesellschaft: der Arbeitskraft. Vom Blickwinkel der Warenproduktion aus gesehen, ist die Zirkulation von Menschen der Transport der Ware Arbeitskraft zu den Produktionsstätten. Unter dem Gesichtspunkt des individuellen Konsums drückt sich dieselbe Zirkulation neben anderen Konsumaktivitäten als Tourismus aus. Tourismus ist also die durch Konsum geprägte Bewegung von Individuen von Ort zu Ort und trägt die Merkmale des Massenkonsums von Waren. Genauso wie die Waren auf einheitliche Weise produziert und konsumiert werden – mit der gemeinsamen Eigenschaft, dass sie Träger von Wert sind –, wird auch der Tourismus, also die massenhafte Mobilität von Menschen in Form von Reisen, zu einer einheitlichen und banalen Konsumaktivität.

Diese Homogenisierung dehnt sich auf alle Räume und Landschaften aus, egal wie unterschiedlich und besonders sie sein mögen, ihre Andersartigkeit wird unter dem Diktat der Ware aufgehoben und ebenfalls zu einem Teil des Banalen. Der Tourismus und all das, was ihn ausmacht, also die spezifischen Eigenschaften des touristischen Konsums, die Mittel und die Zeit, die mit diesem Konsum einhergehen, homogenisieren Orte, die scheinbar ihre eigenen besonderen und natürlichen Merkmale haben. Wir beziehen uns hier natürlich auf den subjektiven Erfahrungshorizont der Konsument:innen sowie auf die Art und Weise wie diese Erfahrung sozial produziert wird. Denn unabhängig von einer gesellschaftlich produzierten Bedeutung würde jeder einzelne Raum, jede Landschaft, jeder Ort seine Einzigartigkeit bewahren.

Aber über die bisher dargelegte Homogenisierung hinaus verändert und homogenisiert die Unterwerfung unter die Logik der Ökonomie auch die konkrete Realität der verschiedenen Räume und ihre einzigartigen Eigenschaften. Denken wir etwa an die Werbung der Tourismusagenturen mit ihren immergleichen »touristischen Paketen« und den unveränderlichen, langweiligen und seichten Verpackungen, in denen sie vermarktet werden. Exotische Paradiese, kristallklare Gewässer, Metropolen voller Leben, malerische Ziele von unendlicher Schönheit und all die damit verbundenen Allüren der spektakulären Werbesprache. Diese Banalisierung der Werbung hat dementsprechend einen Kreislauf von identischen Häusern, Büros, Autobahnen, Ferienorten, Hotels, Stränden und Flughäfen hervorgebracht.

Der kapitalistische Urbanismus ist im Wesentlichen die sichtbare Stilllegung des Lebens, er entzieht den Menschen die Möglichkeit, ihr Leben frei zu bestimmen und sich und ihre Umgebung zu verändern. Er dient der Aufrechterhaltung der kapitalistischen Herrschaft in dem er die Möglichkeit des Eingreifens in den geschichtlichen Prozess unterbindet. Das »unruhige Werden im Nacheinander der Zeit«, wird vom »ruhigen Nebeneinander des Raums« beherrscht (These 170). Mit anderen Worten: Der Urbanismus organisiert die Unterordnung der lebendigen Arbeit und des Lebens im weitesten Sinne des Wortes unter das Kapital, d.h. unter die tote/vergangene Arbeit. Er organisiert die Unterwerfung der Gegenwart unter die Vergangenheit.

Es besteht ein permanenter Antagonismus zwischen dem geplanten und abstrakten Raum und dem lebendigen Raum der sozialen Verweigerung. Im Gegensatz zum abstrakten und starren Raum der Experten (Architekt:innen, Stadtplaner:innen, Regierungsbeamt:innen) ist der gelebte Raum der Verweigerung ein Raum der Subjekte, nicht ein Raum des Profitdenkens und der Ware.

Urbanismus und Klassenmacht

Urbanismus ist jedoch nicht nur die Produktion des spezifisch kapitalistischen abstrakten Raums. Seine grundlegende Funktion ist die Kontrolle der Bevölkerung und die Verteidigung der Klassenmacht. Wie Debord hervorhebt, stellten das Städtewachstum im Kapitalismus und die Ansammlung großer proletarischer Bevölkerungsgruppen in ihnen eine große Gefahr für die kapitalistische Macht dar. Die Stadtplanung spielt offensichtlich eine zentrale Rolle bei der Eindämmung dieser Gefahr. Zunächst einmal werden die Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Ordnung verstärkt. So wird beispielsweise die Polizei geschaffen, Gassen werden kartiert, benannt und nummeriert. Für Debord geht es im modernen Urbanismus jedoch eher um die Organisation der Atomisierung als um Überwachung und Repression. Wie er feststellt, gipfelt das Streben der Macht in der »Abschaffung der Straße« (These 172).

Debord bezieht sich hier auf die Zersiedelung, d. h. die Ausdehnung der Städte durch die Schaffung neuer, vom Zentrum entfernter Vorstädte, in denen die Menschen die Arbeit, den Supermarkt oder die verschiedenen Freizeitangebote nur per Auto erreichen können. Er beruft sich insbesondere auf das monumentale Werk The City in History von Lewis Mumford, der die Organisation der Atomisierung bereits 1961 erkannt und heftig kritisiert hat. Einerseits verweist Mumford auf die Abschaffung der Straße als Ort der Begegnung und der direkten Kommunikation zwischen den Bewohner:innen der Stadt, die sich untereinander kennen, und nennt als Beispiel die Beziehung zwischen den Bewohner:innen und den Arbeiter:innen in den lokalen Geschäften. Im Gegensatz dazu besuchen die Menschen in Städten wie Los Angeles jede Woche einen gesichtslosen Supermarkt, in dem sie niemanden kennen und nur zufällig auf Bekanntschaften treffen. Andererseits weist Mumford darauf hin, dass dieser Mangel an Kontakt durch Massenmedien ersetzt wird, in denen Wissen nur über bewachte Kanäle weitergegeben wird. Der letztgenannte Punkt über bewachte und einseitige Medien scheint heute, im Internetzeitalter, überholt zu sein – Mumford zählt auch das Telefon zu den »bewachten Kommunikationskanälen«. Darüber hinaus erweist er sich als prophetisch, wenn er von selbst- oder ferngesteuerten Autos spricht. Laut Mumford, werden die ehemaligen Fahrer:innen in den Autos fernsehen, da sie nicht einmal mehr die Freiheit haben, das Lenkrad zu halten.

Die kapitalistische Gesellschaft kann jedoch nicht ausschließlich auf Atomisierung beruhen, da sowohl die Produktion als auch der Konsum die Entwicklung neuer, entfremdeter Formen der Kollektivität erfordern, die die einzelnen Individuen als gemeinsam atomisierte Subjekte in das System integrieren. Diese Rolle wird von öffentlichen und privaten Organisationen übernommen, die Unterhaltungsangebote, kulturellen Konsum und Veranstaltungen anbieten. Dasselbe gilt größtenteils auch für virtuelle Netzwerke, die in den sozialen Medien entstehen. Natürlich kann es auch innerhalb dieser entfremdeten Formen des kollektiven Lebens zu Momenten der Verweigerung kommen, wie die Nutzung sozialer Medien durch soziale Bewegungen oder die Nutzung des öffentlichen Raums bei Ausschreitungen zeigt. In diesen Fällen ist jedoch die Art und Weise, wie sie genutzt werden, grundlegend umgestaltet worden.

Urbanismus und Wohnraum

In Die Gesellschaft des Spektakels geht Debord auch auf eine andere Dimension des Urbanismus ein, die Entstehung der sogenannten »Architektur für die Prekarisierten«. Diese staatliche Wohnpolitik entstand im Rahmen der Herausbildung des Wohlfahrtstaats, der selbst das Resultat des Versuchs ist, die Konflikte und Widersprüche der sozialen Beziehungen innerhalb des Kapitalismus so zu vermitteln, dass die fortschreitende Reproduktion des Kapitals gewährleistet ist.

Nehmen wir als Beispiel Großbritannien, wo bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts die große Mehrheit des Proletariats in Häusern lebte, die Privatpersonen, in der Regel kleinen Grundbesitzer:innen, gehörten. Ein großer Teil des Einkommens einer proletarischen Familie ging für die Miete drauf, Mieterhöhungen bedrohten folglich unmittelbar die Lebensbedingungen der Proletarier:innen. Als die Vermieter:innen im Ersten Weltkrieg versuchten, die Wohnungsnot auszunutzen, die in einigen Industriestädten aufgrund der hohen Nachfrage nach Arbeitskräften in der Kriegsindustrie entstanden war, reagierte die organisierte Arbeiter:innenbewegung, indem sie vom Staat eine Mietpreiskontrolle forderte und mit einem Generalstreik drohte. Aus Angst vor einer Ausweitung der Bewegung gegen das Kapital im Allgemeinen lenkte die Regierung ein. Die als Notmaßnahme eingeführte Mietpreiskontrolle blieb noch viele Jahre später, bis in die 1970er Jahre, bestehen. Abgesehen von der Angst vor einer Eskalation des Klassenkampfes diente die Mietkontrolle auch dazu, die Kosten der Reproduktion der Arbeitskraft für das industrielle Kapital zu senken, obwohl laut dem parlamentarischen Ausschuss, der die Frage untersuchte, die Wohnverhältnisse einer der Hauptfaktoren für die Unruhen waren und das Ziel der Mietkontrollpolitik daher nicht in erster Linie wirtschaftlicher Natur war.

Nach dem Krieg lancierte der britische Staat ein großes Wohnungsbauprogramm, um innerhalb von drei Jahren 500´000 Häuser zu bauen. Subventionen für den Wohnungsbau wurden nicht nur an lokale Behörden und Gemeinden, sondern auch an Privatpersonen vergeben, um das Angebot an Wohnraum zu erhöhen und die Mieten in einem bestimmten Rahmen zu halten. Die Häuser, die damals gebaut wurden, hießen »Homes fit for Heroes«. Es ist also klar, dass die staatliche Wohnungsbaupolitik, zumindest in Großbritannien, direkt darauf abzielte, der revolutionären Bedrohung zu begegnen. Neben dem Bau neuer Häuser für die »Helden« der Arbeiter:innenklasse war die staatliche Wohnungsbaupolitik auch eine Politik die darauf abzielte, die Elendsviertel zu räumen und nicht genehmigte Häuser, in denen Proletarier:innen lebten, abzureißen. Denn die Elendsviertel waren und sind Hochrisikogebiete für Aufstände gegen Kapital und Staat. Deshalb wird ein massives Projekt zum Bau von Häusern für Proletarier:innen in Angriff genommen, deren Architektur offensichtlich einen bestimmten Zweck erfüllt, d.h. sie sind spezifisch darauf ausgerichtet, die für die Reproduktion der Arbeitskraft notwendigen Funktionen zu erfüllen (Schlaf, Nahrung, Hygiene, sanitäre Einrichtungen, Erholung), und sie werden in Massenproduktion hergestellt. Daraus ergibt sich das Elend ihrer Form.

Die staatliche Wohnungspolitik zielt darauf ab, die Reproduktionskosten der Arbeitskraft zu senken, aber vor allem zielt sie auf die Kontrolle der Proletarier:innen ab. Sie zielt darauf ab, eine Stadt und eine Gesellschaft zu schaffen, die wie eine Fabrik im Rahmen der Massenproduktion und des Massenkonsums funktioniert. Aus diesem Grund wird das Land auf abstrakte Weise – d.h. auf der Grundlage des Wertgesetzes – zu einem Raum geformt, der sich durch die Abstraktion der proletarischen Erfahrung charakterisiert. Dadurch entsteht eine neue Subjektivität, eine neue Art der sozialen Existenz der Proletarier:innen als atomisierte Privatindividuen, die sich einbilden, zur so genannten »Mittelschicht« zu gehören.

Debord kann an diesem Punkt kritisiert werden, weil er die Entwicklung dieser neuen Architektur als Ergebnis der Industrialisierung sieht, und zwar auf eine ziemlich deterministische Art und Weise. Doch wie der britische Fall gezeigt hat, ist das falsch. Im Gegenteil: sie ist das Ergebnis von Klassen- und sozialen Kämpfen und des Versuchs, diese zu vermitteln und zu kontrollieren. In Griechenland zum Beispiel wurde mit der Legalisierung von illegalem Wohnraum und dem »Land-gegen-Wohnung-Abkommen«3, das die Eigennutzung förderte, eine andere staatliche Wohnungspolitik betrieben.

Die Stadt als Ausgangspunkt emanzipatorischer Kämpfe

Debord teilt die Position von Marx, die sich in dem mittelalterlichen Spruch widerspiegelt: »Stadtluft macht frei«. Im Mittelalter bezog sich dieser Spruch auf ein Gewohnheitsrecht: Ein Leibeigener galt nach einem Jahr und einem Tag Aufenthalt in der Stadt als frei, wenn sein Herr ihn bis dahin nicht gefangen hatte. Dieses Gewohnheitsrecht wurde 1231 vom Heiligen Römischen Reich für die Städte unter seiner Gerichtsbarkeit formell abgeschafft! Anhand der Geschichte dieses Sprichworts zeigt sich, dass während des gesamten Mittelalters die Leibeigenen auf der Suche nach Freiheit in die Städte flüchteten. Und in den Städten entwickelten sich sowohl die bürgerliche als auch die proletarische revolutionäre Bewegung. Natürlich, wie Marx und Engels in der Deutschen Ideologie feststellen: »In der Vorstellung sind daher die Individuen unter der Bourgeoisieherrschaft freier als früher, weil ihnen ihre Lebensbedingungen zufällig sind; in der Wirklichkeit sind sie natürlich unfreier, weil mehr unter sachliche Gewalt subsumiert«.4Diese sachliche Gewalt beinhaltet nicht nur den indirekten wirtschaftlichen Zwang, sondern auch die direkte staatliche Gewalt, mit der wir konfrontiert werden. Es besteht also ein radikaler Unterschied zwischen den Bedingungen der Emanzipation der Leibeigenen und den Bedingungen der Emanzipation der Proletarier:innen, den Marx und Engels wie folgt beschreiben:

»Der Unterschied vom Stand [des Feudalismus] tritt namentlich heraus im Gegensatz der Bourgeoisie gegen das Proletariat. Als der Stand der städtischen Bürger, die Korporationen pp. gegenüber dem Landadel aufkamen, erschien ihre Existenzbedingung, das Mobileigentum und die Handwerksarbeit, die schon vor ihrer Trennung vom Feudalverbande latent existiert hatten, als etwas Positives, das gegen das feudale Grundeigentum geltend gemacht wurde […]. Allerdings behandelten die entlaufenden Leibeignen ihre bisherige Leibeigenschaft als etwas ihrer Persönlichkeit Zufälliges. Hierin aber taten sie nur dasselbe, was jede sich von einer Fessel befreiende Klasse tut, und dann befreiten sie sich nicht als Klasse, sondern vereinzelt. Sie traten ferner nicht aus dem Bereich des Ständewesens heraus, sondern bildeten nur einen neuen Stand und behielten ihre bisherige Arbeitsweise auch in der neuen Stellung bei und bildeten sie weiter aus, indem sie sie von ihren bisherigen, ihrer schon erreichten Entwicklung nicht [mehr] entsprechenden Fesseln befreiten. Bei den Proletariern dagegen ist ihre eigne Lebensbedingung [als Klasse], die Arbeit, und damit sämtliche Existenzbedingungen der heutigen Gesellschaft, für sie zu etwas Zufälligem geworden, worüber die einzelnen Proletarier keine Kontrolle haben und worüber ihnen keine gesellschaftliche Organisation eine Kontrolle geben kann, und der Widerspruch zwischen der Persönlichkeit des einzelnen Proletariers und seiner ihm aufgedrängten Lebensbedingung, der Arbeit, tritt für ihn selbst hervor, namentlich da er schon von Jugend auf geopfert wird […]. Während also die entlaufenden Leibeignen nur ihre bereits vorhandenen Existenzbedingungen frei entwickeln und zur Geltung bringen wollten und daher in letzter Instanz nur bis zur freien Arbeit kamen, müssen die Proletarier, um persönlich zur Geltung zu kommen, ihre eigne bisherige Existenzbedingung, die zugleich die der ganzen bisherigen Gesellschaft ist, die Arbeit, aufheben. Sie befinden sich daher auch im direkten Gegensatz zu der Form, in der die Individuen der Gesellschaft sich bisher einen Gesamtausdruck gaben, zum Staat, und müssen den Staat stürzen, um ihre Persönlichkeit durchzusetzen.«5

Während also für die befreiten Leibeigenen, die bürgerlich wurden, die Stadt tatsächlich ein Raum der Befreiung war – auch wenn es sich um eine begrenzte und individuelle Befreiung handelte –, traf dies für die Proletarier:innen nicht unmittelbar zu. Die Stadt ist auch aus unserer Sicht eindeutig ein Schauplatz für den Kampf für die Freiheit und ein Ort des Eingreifens in die Geschichte – d.h. ein Ort, an dem die Menschen die Gestaltung der Welt und ihrer selbst in die Hand nehmen –, weil in den Städten eine soziale Macht zusammenfindet, die solch ein emanzipatorisches Projekt ermöglicht, vor allem, weil in den Städten so viele Proletarier:innen leben. Diese Ansammlung von Menschen hat jedoch, wie bisher erläutert, auch eine negative Kehrseite – die Zersplitterung und Atomisierung der Individuen, durch die das soziale Leben in der Stadt immer mehr ausradiert wird. Aus diesem Grund sind die Städte im Kapitalismus nur potenzielle Orte der Emanzipation.

Die Zerstörung der Städte als Räume des sozialen Lebens macht die Städte zu pseudoländlichen Gegenden, weil sie mit der Atomisierung und Trennung der Individuen einhergeht. In der Tat führt dies zu einer weitaus schlimmeren Situation als auf den ehemaligen ländlichen Gebieten, wo es zumindest eine naturbezogene ländliche Gemeinschaft gab. Die Trennung in der modernen Stadt beginnt mit dem Individuum und der Kernfamilie und reicht bis zu identitätspolitischen Gruppen, Berufsgruppen... die Liste nimmt kein Ende. Die Tatsache, dass die Apathie des modernen Proletariats durch die Stadtplanung, die Bürokratie und ganz allgemein durch das Spektakel konstruiert und aufrechterhalten werden muss, macht deutlich, dass diese Trennung in Wirklichkeit höchst instabil ist und jederzeit im Zuge eines proletarischen Aufstands umgestoßen werden kann.

Für Debord hat nicht nur die kapitalistische Stadt, sondern der kapitalistische Raum im Allgemeinen ein quantitatives, totes und unbewegliches Dasein – darin folgt er Hegel. Im Gegensatz dazu ist die Zeit eine qualitative, immanente Bewegung. Deshalb spricht er von der Unterwerfung des Raums unter die gelebte Zeit in der proletarischen Revolution. Die Revolution ist also eine Kritik der Humangeographie, durch die Individuen und Gemeinschaften Räume und Umstände erschaffen müssen, die der Aneignung nicht mehr nur ihrer Arbeit, sondern ihrer gesamten Geschichte entsprechen. So wird ein sich ständig verändernder Spielraum geschaffen, ohne die alte Bindung an das Land zu reproduzieren. Stattdessen wird das Leben als eine Reise begriffen und erlebt, die ihren ganzen Sinn in sich trägt.

Für Debord ist der revolutionäre Urbanismus die praktische Kritik des Urbanismus mittels sozialen Kämpfen und Klassenkämpfen gegen das Kapital und den Staat, um die gesamte Lebensumgebung neu zu gestalten und die Totalität der bestehenden Verhältnissen zu verändern. Die Überwindung der Entfremdung kann nichts Geringeres sein als das. In ihren Thesen zur Pariser Kommune6 stellen Guy Debord, Attila Kotanyi und Raoul Vaneigem die Kommune als einziges historisches Beispiel für die Verwirklichung eines revolutionären Urbanismus dar: »die erstarrten Zeichen der herrschenden Organisation des Lebens an Ort und Stelle angreifend, den sozialen Raum als politisch verstehend, sich weigernd, die Unschuld eines Denkmals zu akzeptieren«. Hier beziehen sich die situationistischen Autoren auf die Zerstörung der Vandom-Säule durch die Kommunard:innen und die Umbenennung des Vandom-Platzes in »Platz der Internationale«. In der Stadt Chania ist das wichtigste Beispiel für die praktische Kritik am Urbanismus die Rosa Nera, die jetzt ihren siebzehnten Geburtstag feiert und mit der Besetzung weiterer Gebäude auf dem Kastelli-Hügel weiter gewachsen ist.

  • 1. https://antithesi.gr
  • 2. Das Buch mit dem Titel Die Gesellschaft des Spektakels: Notizen zur Lektüre und Praxis ist momentan nur auf Griechisch erhältlich: https://antithesi.gr/?p=846
  • 3. Das Abkommen entstand nach dem Zweiten Weltkrieg und der darauffolgenden Wohnungsnot. Es handelt sich dabei um eine Vereinbarung zwischen Grundstückeigentümer:innen und Bauunternehmen: Ein:e Grundstückeigentümer:in stellt dabei ein Stück Land einem Bauunternehmen zur Verfügung, das darauf Wohnungen baut. Im Gegenzug erhalten die Grundstückeigentümer:innen einen Teil der auf ihrem Land gebauten Einheiten. Da die Bauunternehmen das Grundstück nicht abkaufen müssen, um darauf zu bauen, brauchen sie weniger Kapital und können schneller und mehr bauen. (Anm. d. Ü.)
  • 4. MEW 3: 76
  • 5. Ebd.,76f.
  • 6. https://www.cddc.vt.edu/sionline/si/commune.html