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Mazur schachmatt!

Mazur schachmatt!

31. Juli 2023

Die folgende Einschätzung stammt aus dem Forum der Ausgebeuteten; chefduzen.de. Noch während der Rückblick geschrieben wurde ereignete sich auf der selben Autobahnraststätte ein deja-vu: Am 19.07.2023 sammelten sich in Gräfenhausen erneut Trucker:innen der Spedition Mazur und forderten wieder ihre ausstehenden Löhne. Inzwischen stehen dort knapp 200 LKWs auf drei Raststätten und wollen ihre Fahrzeuge nicht wieder freigeben bevor alle ihr Geld erhalten haben. Die Streiks der Trucker:innen reihen sich ein in eine Reihe "wilder" , also selbstorganisierter nicht gewerkschaftsgeführter, Arbeiter:innenkämpfe in den letzten Jahren, die vor allem im prekären Dienstleistungsbereich von migratischen Arbeiter:innen geführt wurden.  

 

Über Deutschland erzählt man sich alle möglichen Geschichten. Ordnung, Perfektion, Regeln, Bürokratie und Gesetze würden angeblich alles zusammenhalten.

Ein Blick in die Arbeitswelt ergibt ein anderes Bild. Während in den Großbetrieben, wie der Autoindustrie, ein ausgeklügeltes System von Gewerkschaften, Betriebsräten und Betriebsverfassungsgesetz für Ruhe und Ordnung bei relativ guten Arbeitsbedingungen sorgt, läuft der Rest der Wirtschaft auf Autopilot. Die Arbeitsbedingungen jenseits der Großbetriebe werden immer prekärer. Diese vielfältigen deutschen Ordnungsfaktoren spielen keine so große Rolle und man fragt sich, warum es bei extremer Ausbeutung nicht öfter kracht, warum die Arbeit noch relativ ungestört weiterläuft.

Es ist wohl der Glaube an die deutschen Regeln und Gesetze, die den Menschen in den Knochen steckt. Die Angst, etwas verbotenes zu tun, lähmt die Leute. Die deutschen Gesetze lassen Streiks nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen zu.  Die deutschen Arbeitsgesetze gehen zurück auf den Nazirichter  Nipperdey, der auch nach dem Faschismus Karriere gemacht hat. Als erster Präsident des Bundesarbeitsgerichts prägte er das  Streikrecht, wie etwa das Verbot von ,,wilden" Streiks.

Es ist aber Unruhe in die deutsche Ordnung gekommen. Arbeitsmigrant:innen interessieren sich wenig für komplizierte deutsche Regeln, sie wollen ein Einkommen und das wird ihnen auch in Deutschland oftmals vorenthalten. Sie fühlen sich nicht vertreten und wissen, daß sie sich selbst wehren müssen. Die bisher unsichtbaren Arbeitskräfte erscheinen plötzlich in der öffentlichen Wahrnehmung mit spontanen Arbeitsniederlegungen und Protestaktionen.

Wenn Essenskurier:innen oder Erntearbeiter:innen nicht mehr billige Dienstleister:innen in einem reichen Land sein wollen, wenn Bauarbeiter:innen Kräne besetzen oder Transparente von Hausdächern herablassen, wenn LKW-Fahrer sich mit bestreikten LKW eine Wagenburg auf einem deutschen Rasthof bauen, ist das überaus spektakulär.

Wie schnell der Schock in dem System der Ausbeutung angekommen ist, lässt sich erahnen, wenn man sich die politischen Reaktionen ansieht. Man sagte nicht einfach, ,,das dürft ihr nach deutschem Recht nicht", sondern der Bundesarbeitsminister höchstselbst begab sich zu wild streikenden Radkurier:innen. Selbst Politiker:innen aus den Heimatländern der Arbeitsmigrant:innen ließen sich am Ort selbstorganisierter Arbeitskämpfe blicken. Der Autopilot, der die wirtschaftlichen Abläufe hierzulande so gut am Laufen hält, ist die Angst. Doch wenn diese Angst verloren geht, herrscht eine hektische Betriebsamkeit bei Vertretern der Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften. Die Angst, den Job zu verlieren, existiert für Berufskraftfahrer*innen nicht mehr, es gibt genug Jobs. Der deutsche Spediteursverband BGL spricht von bis zu 100.000 fehlenden Fahrer:innen in Deutschland.

Wie 60 Trucker in einem sechswöchigen Kampf einen schändlichen Spediteur zur Zahlung ausstehender Löhne zwangen

Der europäische Transportsektor ist eine Welt für sich. Die Deregulierung hat extreme Formen angenommen, der Arbeitsmarkt wurde weiter nach Osteuropa geöffnet und die ohnehin schlechten Mindestkonditonen für Fahrer:innen werden kaum überprüft. Wildwestbedingungen gehören zum heutigen Transportsektor. Fahrer:innen erhalten Verträge über Sub-Sub-Unternehmen oder man stuft sie als selbstständige Unternehmer:innen ein. Abzüge für angebliche Schäden an Fahrzeugen sind eine verbreitete Methode den Lohn zu drücken.

Die in Polen ansässige Mazurgruppe fährt für westliche Auftraggeber:innen, doch die Konditionen der Fahrer:innen sind so schlecht, daß sie kaum in Polen zu rekrutieren sind. Mazur heuert Fahrer:innen weiter östlich, selbst jenseits der Grenzen Osteuropas, wie Nepal oder den Philippinen, an.

An dem geschichtsträchtigen Gräfenhausen-Streik waren Fahrer:innen aus Georgien und Usbekistan beteiligt. Als Löhne seit mehr als einen Monat ausgeblieben sind, legten Fahrer:innen auf Parkplätzen in Hannover, Gräfenhausen, Südtirol und der Schweiz die Arbeit nieder, insgesamt gut 100. Es kam zu Einschüchterungen und gewaltsamen Übergriffen. Ein Teil der Fahrer:innen gab auf, andere wollten sich als größere Gruppe sammeln. Ein georgischer Fahrer kontaktierte die zuständige Gewerkschaft in Georgien und bat um Rat. Dort nahm man den Kontakt zu der niederländischen Gewerkschaft FNV, dem  Road Transport Due Diligence Team (RTDD) auf, sowie zum DGB. Der DGB erkundigte sich beim deutschen Spediteursverband GBL, wie man die Situation einschätze. Man kam wohl einvernehmlich zu dem Schluß, den Konflikt in möglichst geregelten Bahnen und ohne offene Konfrontation zu lösen.

Der Rastplatz Gräfenhausen wurde zum Austragungsort des multinationalen Arbeitskampfes. Es entwickelte sich innerhalb kurzer Zeit eine vielfältige Solidaritätsarbeit, institutionelle und spontane, selbstorganisierte. Ein deutscher Kollege produzierte ein Youtube Video, in dem er auf die defekten Duschen auf dem Rastplatz hinwies und Kolleg:innen und Anwohner:innen bat, z. b. Anlagen von Sportvereinen zur Verfügung zu stellen. Deutsche Trucker reichten Wasserflaschen und Zigaretten. Anwohner:innen brachten selbstgebackene Kuchen. Die DGB-nahe Beratungsorganisation Faire Mobilität sorgte für Übersetzungen und ein Vorstandsmitglied des Spediteursverband signalisierte sein Wohlwollen, indem der die Reparatur der Duschen veranlaßte und den Streikenden eine Spende des Verbands übergab. Der DGB hatte einen Funktionär der Vorstands vor Ort und erklärte die Unterstützung des Gewerkschaftsdachverbandes. Die Polizei bemühte sich um eine legale Regelung und erklärte den Arbeitskampf zu einem ,,stehenden Protest".

Dieser Konflikt entwickelte eine beachtliche Eigendynamik. Der polnische Spediteur Lukasz Mazur tauchte auf dem Rastplatz auf, erklärte den Konflikt für beendet, die letzten offenen Fragen könne er mit den Fahrern in Polen abschließend klären und er hatte in Kleinbussen Fahrer mitgebracht, die die bestreikten Fahrzeuge zurückbringen sollten. Als sie erfuhren, daß sie Fahrzeuge gegen den Willen ihrer Kollegen bewegen sollten, verweigerten sie die Streikbrecherarbeiten. Auf dem Platz wurde der Alltag der Streikenden mit vielen Improvisationen angenehmer gestaltet. Ärztliche und zahnärztliche Versorgung wurde vor Ort ermöglicht und Festzeltgrill und Gulaschkanone ermöglichten einen Kampf mit gefülltem Mägen. Gewerkschaften gaben sich die Klinke in die Hand, um den streikenden ihre Solidarität zu bekunden. Es war die FAU dabei, wie Gewerkschaften, die wenig mit Berufskraftfahrern zu tun haben, oder die man nicht als sonderlich klassenkämpferische Organisationen kennt. In Gräfenhausen konnte man den Duft eines Arbeiterkampfes schnuppern, wie man ihn in Deutschland nicht kennt. Man brachte Leckereien mit und verzierte im Gegenzug die LKW mit ihren  Gewerkschaftslogos und -Fahnen.

Der Spediteur Lukasz Mazur wollte auf der Schmach des gescheiterten Streikbruchs nicht sitzenbleiben und holte zum zweiten Schlag aus. Diesmal wollte er sich mit Gewalt durchsetzen und mit großer Theatralik. Er kam mit dem in Polen berüchtigten Securityunternehmen "Rutkowski Patrol", begleitet von einem Team des rechten TV-Senders Patriot24. In martialischer Aufmachung einer paramilitärischen Spezialeinheit mit einem gepanzerten Fahrzeug, das für den Afghanistan Einsatz der polnischen Armee entwickelt worden sein soll, wollte man demonstrieren, wie ein polnischer Unternehmer mit widerspenstigen Arbeiter:innen umgeht. Der Ausgang der Aktion entsprach nicht den Vorstellungen des Spediteurs. Als der Schlägertrupp die Fahrerkabinen stürmen wollte, versperrten die Fahrer mit ihren Körpern den Zugang zu den Zugmaschinen. Die Polizei rückte an und nahm den Spediteur und 18 Mann der  Rutkowski Truppe fest. Die Bilder von dem gescheiterten paramilitärischen Einsatz gegen Streikende gingen um die Welt.

Es kamen Foto- und Filmbotschaften von solidarischen Kolleg:innen von rund um den Erdball, wobei Südkoreanische Trucker:innen am meisten beeindruckten: In einer ausgefeilten Choreographie riefen über 1000 Kollegen: ,,Trucker Europas, bleibt stark! Gewinnt den Streik mit der Kraft internationaler Solidarität!"

In Warschau kündigten Krzysztof Rutkowski und das Mazurmanagement eine Protestaktion vor der deutschen Botschaft an, in der sie sich gegen die Behinderung polnischen Unternehmertums durch deutsche Behörden und die Schmähung ihrer Unternehmen durch deutsche Medien beschweren wollten. Aktivist:innen der Gewerkschaft Inicjatywa Pracownicza (IP) warteten schon dort, mit der Aufforderung auf Deutsch: ,,Bezahl die Arbeiter!"

Die ungewöhnliche permanente Streikversammlung an der hessischen Autobahn A5  wurde von unzähligen Journalist:innen besucht. Unterstützer:innen tauchten mit solidarischen Grüßen und Spenden auf und der Rastplatz wurde zu einem beliebten Reiseziel von Politiker:innen nahezu aller Parteien, erst Lokalpolitiker:innen, dann Bundespolitiker:inen, bis auch EU-Parlamentarier:innen anrückten. Die Streikenden haben dabei gelernt, ihren Kampf nicht aus der Hand zu geben. Sie wählten den Niederländischen Gewerkschafter und ehemaligen LKW-Fahrer Edwin Atema zwar zu ihrem Sprecher und Verhandlungsführer, doch die  Entscheidungen blieben Sache der Streikenden.

Ihr polnischer Boss versuchte die verschworene Gemeinschaft zu spalten, indem er sich an einzelne Fahrer wandte und ihnen Teile des ausstehenden Lohns überwies. Der Zusammenhalt war zu diesem Zeitpunkt schon so massiv, daß Spaltungsversuche keine Chance mehr hatte. Die Fahrer:innen nutzten das große Medieninteresse und wußten von der Sympathie der Bevölkerung für diesen Arbeitskampf. Sie organisierten Open-Air-Pressekonferenzen, um die Öffentlichkeit darüber aufzuklären daß es für sie nur eine Lösung für alle Fahrer:innen geben kann und sie davon auch nicht abrückten. Jeder neue Trick, sich vor dem Begleichen der offenen Rechnungen zu drücken, stachelte die Kreativität der Fahrer:innen an zu Eskalationen und anderen Streikformen. Sie erreichten die Öffentlichkeit mit der Androhung eines Hungerstreiks und sie machten den Parkplatz zu einer politischen Bühne, indem sie auf den Planen der LKW ihre Forderungen prangen ließen: ,,Mazur no Money" war da zu lesen und jeder Fahrer schrieb in riesigen Lettern den exakten offenen Betrag auf den jeweiligen Wagen. In maximaler Plakativität kam ein Gesamtsumme von rund 100.000 € zusammen.

Die Wagenburg blieb standhaft!

Die Fahrer:innen verweigerten nicht nur ihre Arbeitskraft. Sie haben das Arbeitsmaterial gegen den Abtransport verteidigt. Mehrere Fahrzeuge waren noch beladen und wurden von den Fahrer:innen als Faustpfand gesichert. Die beladenen Trucks waren so eingeparkt, daß man nur unter größten Mühen an sie herankommen konnte. Nun wurden die Ladungen ein Druckmittel. Die Streikenden öffneten vor laufenden Fernsehkameras Planen und zeigten Frachtpapiere. Zu den Auftraggebern gehörten Ikea, Volkswagen, DHL und General Electric. Das wurde in den Medien zu einer wichtigen Sache, aus der sich die Unternehmen herauszureden versuchten. Doch General Electric verleugnete die Auftrag nicht, man litt unter dem Verzug im Transport und drohte mit schweren Vertragsstrafen.

Die Fahrer:innen wußten, daß sich das Blatt gewendet hat und ihr Chef nicht länger auf Zeit spielen konnte. Sie forderten eine schriftliche Bestätigung darüber, daß es keine Strafabzüge oder juristischen Verfahren gegen sie gäbe. Eine Stunde nachdem der letzte fehlende Euro auf dem Konto des letzten Fahrers eingetroffen sei, wären sie bereit, Schlüssel und Fahrzeugpapiere zu übergeben.

Die Fahrer:innen haben auf ganzer Linie gesiegt und riefen, ,,Mazur schachmatt" und Edwin Atema schätzte den Kampf mit den oft zitierten Worten ein: ,,Sie wurden behandelt wie Tiere und haben wie Löwen gekämpft und gewonnen". Die Freude über den Sieg wich der Melancholie bei dem Abschied von den Mitstreiter:innen.

Epilog

Der Rauch des Kampfes und der Grillstation am Autobahnparkplatz war kaum verzogen, da beglückwünschten Politiker:innen und Gewerkschaftsfunktionär:innen die inzwischen auf der Rückreise befindlichen Trucker:innen zu ihrem Erfolg und versprachen, den Kampf an ihren Positionen fortzusetzen und für bessere Bedingungen im europäischen Transport zu sorgen.

Stefan Körzell vom DGB-Bundesvorstand hat seine Verdienste, denn die Erklärung, der DGB zeige sich solidarisch, beruhigte die Polizei, und die Grundversorgung mit Lebensmitteln füllte die Mägen. Auch die Unterstützung diverser Einzelgewerkschaften war mehr als nur Showauftritte der Gewerkschaften. Die Gewerkschafter blühten förmlich auf, bei einem richtigen Arbeitskampf dabei zu sein, jenseits der ritualisierten deutschen Streiks. Es roch nach Klassenkampf und Abenteuer. Eine besondere lobende Erwähnung haben sich die Leute der Katholische Arbeitnehmer-Bewegung verdient, die sich für die Fernsehkameras nicht interessierten, sondern dort helfend zur Hand waren, wo sie gebraucht wurden und sich per Smartphoneapp zu verständigen wußten.

Aber die überschwenglichen Hoffnungen linker Publikationen in den DGB, der für Überraschungen gut sei und sogar einen wilden Streik unterstützt habe, sollten mit Vorsicht genossen werden. Es war kein Streik des DGB und es war keine Tarifauseinandersetzung oder sonstiger Kampf gegen den Klassenfeind, jedenfalls nicht für den DGB. Man unterstützte die Interessen eines deutschen Spediteursverbands, der Probleme mit der osteuropäischen Konkurrenz hatte, die mit Ramboauftritten Unruhe in das eingespielte Ausbeutungssystem brachten.

Das angekündigte Aufräumen mit den kriminellen, ausbeuterischen Strukturen im europäischen Transportgewerbe, dürfte sich weitgehend als heiße Luft herausstellen. Bei der Bundesfachbereichskonferenz des verdi-Fachbereichs Postdienste, Speditionen und Logistik gab es noch eine Liveschaltung in das Streiklager an der Autobahn, doch hinterließ diese kämpferische Stimmung keine Umsetzung in der Gewerkschaftspraxis. Verdi machte es sich nicht zur Aufgabe, engagierte Gewerkschaftsmitglieder:innen dieser Branche zu unterstützen und zu stärken. Fahrer:innen hatten den Eindruck, ihr Engagement würde im Gewerkschaftstrott als störend empfunden. Auch in der Politik ist es ruhiger geworden, und im EU-Parlament verschwinden viele wohlklingende Vorschläge in den Ausschüssen. Die realen Verbesserungen dürften überschaubar bleiben. Eine leichte Erhöhung der Kontrollen im Straßentransport ist als Geste des guten Willens zu erwarten. Ansonsten zielt der Druck der deutschen Transportwirtschaft schon längst auf einen besseren Zugriff auf migrantische Arbeitskräfte jenseits der EU. Polen und baltische Staaten sind zur Zeit ein Bindeglied, denn ihre Arbeitsverträge qualifizieren die Fahrer:innen zur Arbeit in Deutschland, obwohl eine Direktanstellung hier nicht möglich ist. Mafiöse und größenwahnsinnige Spediteur:innen haben sich als Unsicherheitsfaktor in Zeiten der Fahrer:innenmangels erwiesen. Es wird ganz konkret an einer Erneuerung der bürokratischen Regeln gearbeitet, um andere Führerscheine, Sprachen und Nationalitäten im Arbeitsmarkt des westeuropäischen Raums zu ermöglichen.

Wirklich in Bewegung gekommen ist etwas an anderer Stelle. Scheinbar rechtlose migrantische Arbeiter:innen haben sich zusammengerottet und gegen einen Goliath gewonnen. Nicht nur der kriminelle Spediteur war bedrohlich, Deutschland und seine Gesetze dürfte bedrohlicher erschienen sein. Es war nicht legal, die LKW als Faustpfand zu nehmen und gar die Ladungen zu beschlagnahmen, doch sie sind damit durchgekommen, weil die Situation günstig war. Die Autobahnen sind voller wütender Fahrer:innen, die ähnlich schlecht behandelt werden. Ein Flächenbrand im Transportsektor wäre eine ernste Bedrohung für die Wirtschaft. Die Nachricht darüber, daß selbst in Deutschland die Underdogs kämpfen und gewinnen können, fand Verbreitung nicht nur im Transportsektor. Es sind auch Leute von Stollipinovo in Europa zu den Streikenden gereist. Das ist eine Organisation bulgarischer Arbeitsmigranten, die an der Organisierung der seit Jahren größten Arbeitsmigrant:innenproteste in Deutschland beteiligt waren, nachdem der Leiharbeiter Refat Süleyman bei Thyssenkrupp Duisburg umgekommen ist. Bei den usbekischen und georgischen Fahrer:innen haben sich unlängst Kolleg:innen anderer Unternehmen gemeldet, die konkret wissen wollten, wie sie diesen Kampf geführt haben. Die  Lunte für den nächsten Arbeitskampf brennt bereits.