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Keine Halbleiter für den Krieg in Gaza

Keine Halbleiter für den Krieg in Gaza

23. Juli 2025

Wie können Lohnabhängige direkten Widerstand gegen Kriege leisten, anstatt hilflose Appelle an den Staat zu richten? In Frankreich ist es kürzlich bei ST Microelectronics in Grenoble, dessen Halbleiter auch in Rüstungsgütern verwendet werden, zu einem wichtigen Streik in Solidarität mit der palästinensischen Bevölkerung gekommen. Darüber haben wir mit Nadia gesprochen, die dort als Ingenieurin arbeitet und bei der Gewerkschaft CGT aktiv ist. Die Gewerkschafter:innen fordern in ihrem Unternehmen Transparenz über alle Rüstungsverkäufe, die Nachvollziehbarkeit von Lieferketten und das Ende der Kollaboration mit Israel.

Eine Kurzersion des Interviews könnt ihr auch als Video bei labournet.tv sehen.

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Communaut: Könntest du das Unternehmen beschreiben, in dem du angestellt bist? Wer arbeitet dort?

Nadia: ST Microelectronics ist ein französisch-italienisches Unternehmen, das Halbleiter herstellt und weltweit operiert. In Frankreich haben wir 12.000 Mitarbeiter:innen an elf Standorten. Ich arbeite am Standort Crolles, dort sind 5.000 Leute angestellt und weitere 1.500 über ein Subunternehmen beschäftigt. Es ist der größte Standort, der in Frankreich geblieben ist.

Wir produzieren Halbleiter, also Chips für elektronische Schaltungen, die in vielen Bereichen verwendet werden: im Mobilfunk, in der Automobilindustrie, aber auch in der Raumfahrt und der Rüstungsindustrie.

Am 10. April diesen Jahres habt ihr in Crolles gestreikt. Wie habt ihr das vorbereitet?

Der Streik war eigentlich eine Fortführung von vorherigen Aktionen. Im Oktober 2023 haben palästinensische Gewerkschaften die internationale Gewerkschaftsbewegung dazu aufgerufen, sich gegen die weitere Bewaffnung Israels einzusetzen. Wir fanden das gut, haben aber erst mal nur eine Solidaritätsbotschaft geschickt. Das hat natürlich noch nicht dazu geführt, dass sich die Verbindungen unseres Unternehmens zu Israel verändert haben. Also haben wir begonnen, die Geschäftsbeziehungen von ST Microelectronics zu recherchieren. Nach und nach haben wir entdeckt, dass da einige Verbindungen zu Israel bestehen: eine Verkaufsstelle, ein Forschungsinstitut und ein Zentrum für israelische Innovationen und Start-ups. Und es gibt Partnerschaften mit israelischen Universitäten und seit 2021 auch mit einem israelischen Chipunternehmen, um sich in Italien zusätzliche Produktionskapazitäten zu sichern.

Als Gewerkschaft wollen wir uns nicht auf einen Betrieb beschränken, sondern mit allen Standorten in Kontakt kommen, schließlich gibt es überall Sektionen der CGT. Ich bin auch stellvertretende Gewerkschaftskoordinatorin für ST Microelectronics in Frankreich. Wir beschlossen, einen offenen Brief an das Management zu schreiben, um ein Ende der Zusammenarbeit mit Israel und Transparenz bezüglich aller geschäftlichen Verbindungen zu fordern. Es gab viele Diskussionen mit den verschiedenen Gewerkschaften, um gemeinsam eine klare Position zu finden. Letztlich haben die Gewerkschaftssektionen den offenen Brief dann nicht unterschrieben, sondern nur Mitglieder.

Die Reaktion unserer Kolleg:innen war positiv. Wir haben mehrere tausend Exemplare des Briefes verteilt. Dann verging wieder etwas Zeit, da in Frankreich Wahlen waren. Aber wir haben dann Kontakt zu der Gruppe Urgence Palestine aufgenommen, die sich gegründet hatte, um Demonstrationen gegen die Gräuel in Gaza zu organisieren, und zusammen mit ihnen versucht, noch mehr über die Verbindungen von ST Microelectronics zu Israel herauszubekommen. Dabei haben sie uns sehr geholfen.

Wie genau habt ihr mit Urgence Palestine1 zusammengearbeitet?

Am Anfang ging es nur um einen Informationsaustausch. Später kam dann die Idee auf, eine gemeinsame Initiative zu starten. Wir hatten in unserer Gewerkschaft bereits über einen Streikaufruf wegen Palästina diskutiert, auch über einen Generalstreik.

Mit Urgence Palestine sind wir weiter in Kontakt, denn angesichts der dringlichen Lage in Palästina suchen sie das Bündnis mit den Gewerkschaften. Und da sind wir, die CGT, gewissermaßen die Eingangstür. Wir verteilen demnächst auch wieder Flugblätter mit Urgence Palestine.

Wie war das politische Klima in eurem Werk?

Es war und ist immer noch angespannt. Man kann sich in Frankreich nicht frei zu Palästina äußern, ohne als Antisemit:in oder Terrorverherrlicher:in abgestempelt zu werden. Die antigewerkschaftliche Repression ist derzeit so stark, dass selbst für einen Lohnstreik nur sehr wenige Menschen auf die Straße gehen. Wir wollten nicht, dass unsere Kolleg:innen in Schwierigkeiten mit der Geschäftsleitung oder anderen Beschäftigten geraten. Deswegen hat es eine Weile mit unserem Solidaritätsschreiben an die palästinensische Gewerkschaft gedauert. Erst nach sechs Monaten, im Frühjahr 2024, haben wir es dann veröffentlicht.

Es gibt zwar Kolleg:innen, die zu Demonstrationen kommen, auch samstags außerhalb der Arbeit. Aber sie sehen das oft nicht im Zusammenhang mit möglichen Aktionen am Arbeitsplatz. Als dann am 10. April zum Streik aufgerufen wurde, haben wir erst einmal Druck von der Geschäftsleitung bekommen, die uns jeden Tag angerufen hat: „Sie haben ein politisches Plakat an Ihren Tafeln aufgehängt, das dürfen Sie nicht, denn das Thema hat nichts mit dem Unternehmen zu tun.“

Als Gewerkschaft geht es uns um unmittelbare Forderungen wie höhere Löhne. Aber wir haben auch das Ziel, die Gesellschaft zu verändern und uns so zu positionieren, wie wir es bei allen Kriegen der Vergangenheit getan haben. Wir haben immer auch für unterdrückte Völker und gegen Krieg Stellung bezogen. Palästina darf jetzt kein Sonderfall sein, bei dem wir uns nicht engagieren. In der Vergangenheit haben sich Gewerkschaften auch bei anderen nationalen Konflikten wie in Algerien und Indochina zu Wort gemeldet.2

Wir haben einen Aufruf aller CGT-Gewerkschaften im Raum Isère veröffentlicht. Der Streik hat also auch dazu geführt, dass Gewerkschaften miteinander ins Gespräch gekommen sind. Viele haben sich an uns gewandt und öffentlich unterstützt. Wir wollten mit mehreren Gewerkschaften der CGT auf regionaler Ebene etwas Gemeinsames aufbauen.

Könntest du uns den Streiktag selbst schildern? Wie habt ihr euch in der Fabrik organisiert?

Wie ich bereits erwähnte, waren die Reaktionen der Kolleg:innen positiv. Aus der Belegschaft kam keine Kritik. Wir hatten unseren Streikposten vor dem Eingang des Unternehmens platziert. Es kamen auch viele Leute von außerhalb zum Streik. Wir hatten die Mittagszeit gewählt, weil da viele verschiedene Teams Schichtwechsel haben. So konnten uns auch die Kolleg:innen wahrnehmen, die nicht aktiv beteiligt waren.

In der Kantine haben wir eine gemeinsame Streikpause organisiert. Die Beteiligung war durchaus ein Erfolg, wenn auch nicht riesig. Am Streik selbst waren circa dreißig Mitarbeitende. Das ist zwar nicht enorm, aber es haben sich weitere Leute spontan angeschlossen und für mehrere Stunden die Arbeit niedergelegt. Die Beschäftigten können ja selbst wählen, wie lange sie streiken.

Im Vorfeld gab es viel Druck, nicht nur von der Geschäftsleitung, sondern auch von der Polizei. Bei Lohnkämpfen kommen normalerweise immer zwei Polizist:innen. Diesmal waren mehrere große Einsatzwagen präsent und sie haben bereits an der Autobahnausfahrt Kontrollen durchgeführt und die Leute gefilzt. Es ging einfach darum, die Aktion zu stören. Urgence Palestine hatte ja bereits eine größere Repressionswelle hinter sich, und wir arbeiten wie gesagt mit ihnen zusammen. Das Unternehmen will verhindern, dass wir politische Positionen vertreten, und tut so, als hätten politische Themen nichts mit dem Betrieb zu tun. Im Grunde ist ihre Position: „Das geht euch nichts an, das ist Politik, aber ihr seid eine Gewerkschaft.“

Wie haben die Medien berichtet?

Fast gar nicht. Wenn wir Pressemitteilungen zur Zukunft der Industrie herausgeben, dann gibt es immer viele Anfragen von Journalist:innen. Aber der offene Brief zu Palästina hat niemanden interessiert. Bei einer anderen Gewerkschaftsaktion hat France 3 zugesagt, eine kurze Reportage zu drehen. Über Palästina wollten sie aber nicht sprechen. Eine Lokalzeitung, die wir eingeladen hatten, konnte nicht kommen, hat aber dennoch einen Artikel geschrieben. Das war alles.

Es gab also erst den Aufruf der palästinensischen Gewerkschaft 2023, dann euren öffentlichen Solidaritätsbrief im Juni 2024 und jetzt im April 2025 den Streik?

Ja, aber vor Kurzem haben wir noch ein weiteres Statement veröffentlicht. In Frankreich gibt es Beteiligungsprämien für Arbeiter:innen, die das Geld oft im Unternehmen anlegen, weil es den Betrag dann aufstockt. Sie sparen sozusagen ihren Lohn. Dieses Geld wird dann von Finanzdienstleistern verwaltet. Von unserem Unternehmen gab es eine Ausschreibung, um den Finanzdienstleister zu wechseln. Zur Auswahl standen zwei Banken, BNP Paribas und Amundi, eine Tochtergesellschaft von Crédit Agricole. Wir haben dann recherchiert und sind auf den Paribas-Boykott gestoßen, aber beide Banken haben beispielsweise auch in das israelische Rüstungsunternehmen Elbit Systems Ltd investiert3. Und da haben wir gesagt: Wir wollen euch nicht. BNP Paribas wurde dann fallen gelassen, aber nicht wegen ihrer Investitionen in Israel, und Amundi antwortete uns, wir müssten uns keine Sorgen machen, denn unsere Anlagen würden nicht in Elbit-Investitionen fließen. Aber dort investiert die Bank nun mal, da ist es irrelevant, ob das mit unseren Löhnen oder anderen Geldern passiert. Wir stellen uns deshalb nach wie vor gegen eine Zusammenarbeit mit dieser Bank.

Wie ist eure allgemeine politische Position zur Wiederbewaffnung in Europa, zu Palästina, aber auch zu anderen Kriegsgebieten? Seht ihr Zusammenhänge?

Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine hat die europäische Union sofort mit einem Embargo reagiert. Auch unsere Geschäftsleitung hat eine Solidaritätsbekundung mit der Ukraine und sogar einen Spendenaufruf veröffentlicht. Eine Beobachtungsstelle für Waffenlieferungen, L’Observatoire des armements4, fand aber auch in russischen Drohnen Bauelemente von ST Microelectronics. Das hat die Geschäftsführung sehr aufgerüttelt. Für Palästina kam dagegen nichts.

Gemeinsam mit L’Observatoire des armenents haben wir überlegt, welche Fragen wir an die Geschäftsleitung beziehungsweise die Personalvertretung stellen könnten, um mehr Transparenz über Lieferungen nach Israel zu bekommen.

Wenn ich das richtig verstehe, müssen in Deutschland Rüstungsausgaben durch das Parlament abgesegnet werden. In Frankreich dagegen kann die Regierung machen, was sie will. Wir könnten sogar das Arbeitsrecht geltend machen, um mehr Informationen über diese Güter zu erhalten.

Wir haben drei Forderungen an das Unternehmen, die sich aus der Situation in Palästina ergeben haben: Erstens soll jegliche Zusammenarbeit mit Israel eingestellt werden. Zweitens wollen wir Transparenz für die Personalvertretung in allen Fragen bezüglich Rüstung, nicht nur was Israel betrifft. Wir wollen wissen mit welchen Ländern wir zusammenarbeiten, bei welchen Anwendungen, in welchen Geschäftsbereichen, wie hoch der Umsatz ist, etc. Drittens müssen die Lieferketten nachverfolgt werden. Die Forderung kam mit dem Ukrainekrieg auf, denn unsere Bauteile wurden selbst nach dem Embargo dort gefunden. Dazu sagt die Geschäftsleitung, es sei schwierig, die gesamte Vertriebskette bis zum Endkunden zu kontrollieren.

Das ist eine Ausrede. Das Observatoire des armements wurde in einer Reportage im französischen Fernsehen interviewt und konnte sehr genau nachverfolgen, wo die Bauteile von STMicroelectronics auf welchen Wegen landen. Wieso können sie solche Informationen bekommen, aber nicht ST Microelectronics?

Es gibt natürlich auch CGT-Gewerkschaften in Unternehmen, deren Produkte vor allem in der Rüstungsindustrie verwendet werden. Ihre Haltung dazu ist nicht so eindeutig. Aber allgemein ist die CGT eher antimilitaristisch.5

Gab es Solidaritätsaktionen in Reaktion auf euren Streik? Gibt es Verbindungen zu anderen Arbeiter:innen?

Ja, auf jeden Fall. Unsere Aktion war zwar klein, aber auch ein Impuls, der andere zu ähnlichen Aktionen ermuntert hat. Die Aktion der Genoss:innen am Hafen von Foss in Marseille war beispielsweise spektakulär6. Sie konnten wirklich einen Waffentransport blockieren. Es gab eine internationale Solidaritätskette: Eigentlich sollten die Rüstungsgüter bereits im Hafen von Tanger in Marokko blockiert werden, aber es gab dort starke Repression gegen die Arbeiter:innen. Nach Marseille wurde versucht, die Lieferung dann abermals im italienischen Genua zu blockieren. Jeder kann in der Solidaritätskette einen kleinen Beitrag leisten. Und das Ziel ist natürlich der Aufbau einer Gewerkschaftsbewegung. Wir wollten direkt am Arbeitsplatz aktiv werden, und ich denke, dass das erst der Anfang ist. Hier in der Region Isère, wo viele Kolleg:innen aus anderen Betrieben wegen des Streiks gekommen sind, wollen wir gemeinsam etwas aufbauen, zusammen mit den Genoss:innen bei CEA7 und Soitec8 und Carrefour. Es gibt ja auch gerade einen Carrefour-Boykott.9

Wir wollen uns also nicht auf die Chiphersteller beschränken, sondern viel breiter aufstellen. Angesichts der Ereignisse in Palästina müsste das alles natürlich viel schneller gehen, aber es braucht eben Zeit, bis ein Bewusstsein dafür entsteht, dass Handlungsmacht am Arbeitsplatz entwickelt werden kann. Wir müssen auch unsere Kolleg:innen mitnehmen. Es bringt nichts, allein im Recht zu sein.

Trotz der verbreiteten Angst vor Repression haben sich Leute getraut, sich uns anzuschließen. Nächste Woche werden wir an einem anderen Standort in Grenoble wieder eine Flugblattaktion machen, in Tours suchen wir die Zusammenarbeit mit einer Organisation für Palästina aus Indre-et-Loire. Wir wollen Aktionen durchführen, damit das Thema und unser Widerstand an allen Standorten sichtbar werden. Es gibt Arbeiter:innen, die nach dem Streik oder sogar schon nach dem offenen Brief der Gewerkschaft beigetreten sind. Es hatte also einen positiven Effekt für die Gewerkschaft.

Im Laufe unserer Arbeit haben wir kürzlich erfahren, dass die Konvention von 1948 zur Verhütung von Völkermord auch für Unternehmen gilt.10 Das wussten wir nicht, weil viel über Staaten gesprochen wird, nicht aber über Unternehmen. Es geht um den Begriff der Mittäterschaft.11 Also haben wir das in den letzten offenen Brief mit aufgenommen. Wir eruieren gerade, ob wir sie nicht eines Tages dafür verklagen können.

Es wäre also ein potenzieller Hebel für gewerkschaftliches Handeln, das internationale Recht auf Betriebsebene geltend zu machen und so gegen die Mittäterschaft an den Verbrechen in Gaza zu kämpfen. Wir versuchen gerade weiter zu recherchieren, wo wir internationales Recht und Arbeitsrecht zusammenbringen können. Denn bisher wurde uns gesagt, dass das alles nur zivilrechtlich relevant sei. Daher versuchen wir jetzt Beweise zu finden. Deshalb wollen wir wirklich Transparenz von Seiten der Geschäftsleitung und dass sie offiziell auf unsere Fragen antworten. Das könnte dann der Gegenstand von weiteren Aktionen und Mobilisierungen sein. Wenn die Geschäftsleitung beispielsweise direkt in israelische Rüstungsgüter investiert, hätten wir einen einfachen Beweis. Als Gewerkschaft versuchst du immer die Beschäftigten mitzunehmen und manchmal läuft man da auf Eiern. Wir haben viele Ideen, aber wir dürfen uns nicht von der Basis trennen, wir müssen die Aktionen gemeinsam planen und koordinieren. Und vorherige Aktionen auswerten.

Aber die aktuelle Situation mit den Hafenarbeiter:innen schafft einen gewissen gewerkschaftlichen Stolz. Kolleg:innen sehen auf social media, dass es andere Beschäftigte gibt, die die Verladung von Kriegsmaterial blockieren, und dass alle darüber berichten. Da entsteht der Wunsch, auch etwas zu tun. Und das Bewusstsein, dass man etwas tun kann; dass wir Macht haben. Der Kampf geht weiter, er hört nie auf.

  • 1. Urgence Palestine ist die größte und einflussreichste Gruppe innerhalb der Palästina-Solidaritätsbewegung in Frankreich. Sie wurde im Oktober 2023 gegründet, kurz nach dem Hamas-Angriff und dem Beginn der israelischen Gegenoffensive und Blockade des Gazastreifens. Seitdem hat sich die Gruppe als Hauptorganisatorin von Waffenstillstandsdemonstrationen in Paris und anderen Städten des Landes etabliert. Am 29. April leitete der Innenminister Verfahren zur Auflösung der faschistischen Gruppe Lyon Populaire, der antifaschistischen Jeune Garde sowie von Urgence Palestine ein. Der Organisation wird vorgeworfen, die öffentliche Ordnung zu gefährden, Gewalt zu unterstützen und antisemitische Positionen zu vertreten. Urgence Palestine weist dieses politisch motivierte Verfahren zurück und beruft sich auf das Völkerrecht. Die Entscheidung über das Verbot steht derzeit noch aus; die Gruppe hat rechtliche Schritte eingeleitet und eine Beschwerde bei den UN-Menschenrechtsorganen eingereicht, unterstützt von über 250.000 Unterzeichner:innen und mehr als 1.000 Organisationen.
  • 2. Im Streikaufruf vom 7. April 2024 heißt es: „Der Internationalismus ist ein wesentlicher Wert unserer Gewerkschaft. Wir haben stets auf der Seite unterdrückter Völker gestanden, und dies bildet einen roten Faden in unserer Geschichte: Die CGT war Teil des Widerstands gegen die Nazis und das Vichy-Regime, wir haben Widerstand gegen die Kriege in Indochina, Algerien und Vietnam geleistet und wir haben das Ende des Apartheid-Regimes in Südafrika unterstützt.“ https://cgtstcrolles.fr/genocide-a-gaza-et-crimes-en-cisjordanie-pour-n…
  • 3. Elbit Systems ist ein israelisches Rüstungs- und Hightech-Unternehmen mit Sitz in Haifa. Es gehört zu den größten Waffenherstellern des Landes und produziert Drohnen, Präzisionswaffen, Überwachungs- und Kommunikationssysteme für die israelischen Streitkräfte und internationale Kunden.
  • 4. https://www.obsarm.info/
  • 5. Nach dem Ersten Weltkrieg kam es innerhalb der CGT zu tiefen Spannungen: Ein Teil der Mitglieder unterstützte die reformistische Zusammenarbeit mit dem Staat und der Sozialistischen Partei, während ein anderer Teil, beeinflusst von der Russischen Revolution und der Kommunistischen Internationale, einen radikaleren Kurs forderte. 1921 führte dieser Konflikt zur Abspaltung der CGT-Unitaire, die die revolutionären, kommunistisch orientierten Strömungen vereinte und sich der Linie der Kommunistischen Partei annäherte. Sie vertrat in den 1920er Jahren eine ausgeprägt antimilitaristische und internationalistische Haltung, bekämpfte nicht nur die Aufrüstung und Kolonialkriege Frankreichs, sondern propagierte auch die Verbrüderung der Arbeiter:innen über nationale Grenzen hinweg. Sie rief wiederholt zu Generalstreiks gegen Krieg und Militarismus auf, lehnte den „Verteidigungskrieg“ des bürgerlichen Staates ab und unterstützte antikoloniale Bewegungen etwa in Marokko und Indochina. Dieser radikale Antimilitarismus unterschied sie deutlich von der reformistischen CGT, die stärker auf Sozialpartnerschaft, nationale Interessen und Burgfrieden ausgerichtet war.
  • 6. https://communaut.org/de/communique-der-hafenarbeiter-von-marseille-fos
  • 7. https://de.wikipedia.org/wiki/CEA-Leti
  • 8. https://fr.wikipedia.org/wiki/Soitec
  • 9. Seit Dezember 2022 ruft die BDS-Bewegung (Boycott, Divestment and Sanctions) öffentlich zum Boykott von Carrefour auf. Sie wirft dem Konzern vor, durch seine Expansion in israelische Siedlungen sowie durch kostenlose Lieferungen an israelische Soldaten im Gazastreifen an Menschenrechtsverletzungen mitverantwortlich zu sein.
  • 10. Raphael Lemkin (1900–1959) war ein polnisch-jüdischer Jurist, der den Begriff „Genozid“ prägte. Auf Lemkins Initiative und unter seinem maßgeblichen Einfluss verabschiedeten die Vereinten Nationen am 9. Dezember 1948 die „Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes“ (UN-Genozidkonvention). Die Konvention definiert Völkermord als bestimmte Handlungen, die „in der Absicht, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe ganz oder teilweise zu zerstören“, begangen werden - darunter Töten, schwere körperliche oder seelische Schäden, absichtliche Lebensbedingungen, die auf die physische Zerstörung abzielen, Geburtenverhinderung und gewaltsame Überführung von Kindern. Sie verpflichtet die Vertragsstaaten dazu, Völkermord zu verhindern und zu bestrafen, Täter vor nationale oder internationale Gerichte zu stellen und Völkermord auch in Friedenszeiten zu ahnden. Die Konvention trat am 12. Januar 1951 in Kraft und bildet bis heute die Grundlage für Verfahren vor internationalen Gerichten (z. B. ICTY, ICTR, Internationaler Strafgerichtshof). Zu einer Analyse der palästinensischen Situation vor dem Hintergrund von Lemkins Definition, siehe https://gaza.forensic-architecture.org/database
  • 11. Artikel 3 der Genozidkonvention stellt ausdrücklich die Mittäterschaft (complicity) beim Völkermord unter Strafe. Artikel 4 ergänzt: „Personen, die Völkermord begehen oder eine der in Artikel 3 aufgeführten Handlungen, sollen bestraft werden, gleichviel ob sie verfassungsmäßig verantwortliche Machthaber, öffentliche Beamte oder Privatpersonen sind.“ Obwohl die Konvention Unternehmen als juristische Personen nicht nennt, wird heute versucht, die in Artikel 3 verankerte Strafbarkeit der „Mittäterschaft“ auf Unternehmen zu übertragen – insbesondere über nationale Gesetze und Zivilklagen (etwa in Frankreich, den Niederlanden und der Schweiz), die Konzerne wegen Beihilfe zu international anerkannten Verbrechen haftbar machen.